Willkommen im Kreise der Wertgeschätzten

Nicht jeder Wertgeschätzte ist gleich. "Out in Church" beschert Machern der ARD - Doku den katholischen Medienpreis und wird bei Einladung zur Verleihung eiskalt übergangen. Das ist Wertschätzung auf deutschkatholisch.
Nicht für alle Wertgeschätzten gibt es Sekt und Häppchen von der Kirche. — Foto: Alina Jordan auf Pixabay

Ganz neue Freunde haben die innerkirchlichen LGBT- Aktivisten gerade. Die Initiative „Out in Church“, in deren Rahmen sich 125 kirchliche Angestellte und Kleriker öffentlich zu ihrer sexuellen Ausrichtung bekannten, wurde von Kirchenvertretern, darunter nicht wenige Bischöfe, entschieden wertgeschätzt. Der Grund ist banal. Nicht, dass man jetzt seitens der Bischöfe oder der kirchlichen Sozialbetriebe seine Sympathie für queere Menschen entdeckt hätte. Nein, zum einen ist es gerade en vogue sich eine LGBT- Agenda auf die Fahnen zu schreiben, zum anderen sucht man schon länger händeringend nach einer tragfähigen Ausrede, warum man sich vom kirchlichen Arbeitsrecht verabschieden kann.

Fachkräftemangel auch im Sozialkonzern

Der Fachkräftemangel betrifft nämlich auch Betriebe in kirchlicher Trägerschaft. Manager wissen es schon länger. Die desinteressierte hedonistische Öffentlichkeit wird gerade arg davon überrascht. Nun haben wir ja in den letzten 50 Jahren rund 2,4 Millionen potentielle Fachkräfte vorgeburtlich getötet. Zudem haben wir auf breiter Front mit einem gesellschaftlich goutierten Gebärstreik zu tun, der uns eine veritable demografische Krise beschert hat. Der Wettkampf um Fachkräfte hat begonnen. Dass es kaum um Fachkräfte für Seelsorge gehen dürfte, leuchtet ein. Geld verdient wird in der Kirche mit dem Sozialkonzern. Und da hapert es massiv an Bewerbern. Wer will denn auch schon bei einem Verein arbeiten, der einem vorschreibt, wie man nach Feierabend zu leben hat. Mag man bestimmte Compliance- Vorschriften noch gelten lassen. Spätesten wen (m/w/d) man sich temporär oder auf Dauer zu welchen Zwecken in sein Bett holt, mag man dem Arbeitgeber nicht zugestehen, mitzubestimmen.

Da passt es doch prima, wenn sich gerade eine voll benachteiligte Gruppe auf die Hinterbeine stellt und bessere Bedingungen verlangt. Die Gruppe der queeren Mitarbeiter*Innen/außen:xerxe in der Kirche hat bis dato die komplette A*-Karte gezogen. Ertappt man sie bei wasauchimmer, können sie schwupps den Job und anderes verlieren. Böseböseböse Kirche aber auch. Diesen Aufstand der anständigen LGBTs lässt man sich natürlich beim gebührenfinanzierten Fernsehen nicht entgehen und macht gleich passende zum Launch der Aktion eine Dokumentation. Die zeitliche Synchronisation ist natürlich reiner Zufall. Nur ganz böse Menschen sehen darin eine orchestrierte Aktion.

Endlich modern

Man kann sich direkt vorstellen, wie in den Chefetagen von Caritas und Co die Korken knallten. Die Kirche wird ihre Arbeitsrecht den wirtschaftlichen Bedürfnissen der eigenen Konzerne anpassen. Endlich ist man wieder im Rennen auf der Jagd um Mitarbeiter (m/w/d) und kann sich nun als modern, weltoffen, queer, divers und damit attraktiv darstellen. Immerhin zahlt man nicht schlechter als die anderen schlecht zahlenden Sozialkonzerne. Jetzt aber schätzt man ausdrücklich wert, wen man gestern noch am liebsten gar nicht im Betrieb gehabt hätte. Wie auf Kommando fing man an, die Initiatoren von „Out in Church“ überall wertzuschätzen. Man schätzte auch die Macher der Doku wert und weil die einen wertgeschätzten (die man in Lohn und Brot hat) ja schon dankbar sein müssen, dass man sie jetzt wertschätzt, jedoch die anderen, nämlich die öffentlich-rechtlichen auch ausgezeichnet wertschätzen muss, damit sie am Ball bleiben, besann man sich auf den katholischen Medienpreises und zeichnete die Macher der Doku über „Out in Church“ damit aus. Rührend!

Darüber waren sogar die Initiatoren und Mitmacher so begeistert. Wie wertgeschätzt man doch plötzlich war. Heute Abend wird der Preis verliehen. Keine Ahnung ob irgendeiner der Ausgezeichneten irgendetwas mit der katholischen Kirche anfangen kann. Doch darauf kommt es nicht an. Der katholische Medienpreis ist ein verdorbener Preis, den man als Katholik nicht einmal mit spitzen Fingern anfassen sollte. Aber auch darum geht es nicht. Es geht darum, jemanden wertzuschätzen, der nützlich ist. Man muss den nicht einmal mögen. Ein Herr Relotius bekam den katholischen Medienpreis. Das war ein Fehler, das hat man eingesehen. Als Märchenerzähler hätte man ihm den katholischen Literaturpreis verleihen müssen. Man hat den Fehler nur zur Hälfte korrigiert als man ihm den Medienpreis aberkannte. Die andere Hälfte kommt sicher noch. Spätestens als die Journalistin Lara Fritzsche im Jahr 2013 die 5.000 Euro Preisgeld an das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ gespendet hatte, das sich für Abtreibungen einsetzt, konnte man sich sicher sein, dass der katholische Medienpreis auf Dauer ruiniert ist. Inzwischen Wertschätzt man ja sogar eine leitende Kirchenfunktionärin, die sich für flächendeckende Abtreibung einsetzt.

Ein verdorbener Preis

Was tun mit einem ruinierten Preis? Man kann ihn immer noch nutzen, um nützlichen Zeitgenossen seine Wertschätzung auszudrücken. So werden in diesem Jahr Hajo Seppelt, Katharina Kühn, Marc Rosenthal und Peter Wozny mit 1250 Euro pro Nase dafür wertgeschätzt, dass sie es dem Management kircheneigener Konzerne ermöglichen, weiter um Mitarbeiter zu buhlen. Die Erstwertgeschätzten allerdings, die Macher von „Out in Church“ schauen heute Abend in die Röhre. Bei der Party mit Champagner und Häppchen dürfen sie nicht dabei sein. Da man – oh heilige Transparenz – nicht mal einen Livestream von der Verleihung hat, ist die Röhre nicht mal eine braun’sche Elektronenstrahlröhre.

Auch wenn man sie sehr wertschätzt, so weit geht es nun wirklich nicht. Undenkbar, dass man sie zu einer derart erlesenen Feier einladen wollte, wo der Kardinalvorsitzende („Gibt es hier auch was zu essen?“) der Medienkommission der Deutschen Bischofkonferenz im Kreise ausgewählter Kirchenfunktionäre und Medienvertreter der Wertschätzung der abwesenden Wertgeschätzten einen würdigen Rahmen verleiht.

Das neuwertgeschätzte „Out in Church“ – Mitglied Rainer Teuber jedenfalls äußerte sich im Domradio echt traurig. Niemand von „Out in Church“ sei offiziell zur Preisverleihung eingeladen, so Teuber. Was erwartet der Mann (m/w/d)? Sekt und Häppchen für stumpfe Nützlichkeit? Doch wohl kaum. Man hätte sich, so der LGBT- Aktivist, schon eine gewisse Wahrnehmung und Respekt und Anerkennung unserer unseres Beitrages zu der Doku gewünscht. Aha! Nun ist Herr Teuber schlauer. Als nützlicher Wertgeschätzter wird er vielleicht noch eine Weile brauchen, bis er erkennt, dass er nur ein Glied in einer langen Kette außerordentlich wertgeschätzter nützlicher Idioten war, die man eben wertschätzte, so lange man sie brauchte. Wertschätzung und Wahrnehmung haben nun wirklich gar nichts miteinander zu tun.