Der Popstar Justin Bieber sei, wie aus einem kath.net- Bericht hervor geht, durch die Auseinandersetzung mit der Urknalltheorie gläubig geworden. Da kann man nur gratulieren. Die Wege Gottes sind unergründlich. In den Kommentaren zu dem Beitrag wird dann von unterschiedlichen Usern massiv mit dem abgerechnet, was sie für die Urknalltheorie halten.

Als Erfinder der Urknalltheorie gilt der Priester und Physiker Georges Lemaître, der diese These 1931 als Modell des heißen Anfangszustandes des Universums vorgestellt hatte. Der Begriff „Big Bang“ wurde erstmals von Fred Hoyle verwendete, der Lemaîtres Theorie damit verspotten wollte. Zu Anfang wurde dem Priester nämlich vorgeworfen, er wolle mit der Urknalltheorie sozusagen die Schöpfung und den Schöpfer retten. Da ist es ein Treppenwitz der Geschichte, daß heute ausgerechnet fromme Christen meinen, die Urknalltheorie widerspreche dem Gedanken eines Schöpfergottes.

Ein Blogartikel ist nun wahrlich nicht hinreichend, ein derart komplexes Theoriegebilde wiederzugeben. Der Grundgedanke ist, daß das Universum aus der sehr schnellen Ausdehnung einer Punktsingularität hervorgegangen sei. Von Knall kann dabei schon deshalb nicht die Rede sein, weil es kein Medium gab, das so etwas wie Schall hätte übertragen können. Daß es ausgerechnet ein Spottbegriff ist, der einer Theorie den Namen gibt, ist keineswegs so ungewöhnlich. Mißverständnisse können ebenso den Namen Theorien geben.

Als das Higgs- Boson kurz vor seiner Entdeckung stand, war die Rede davon es sei die Suche nach dem „Gottesteilchen“. Dabei war es Higgs, der die Existenz dieses Teilchens vorher sagte und es, weil es existieren mußte, aber nur theoretisch nachzuweisen war, „the goddammned boson“ gennant. Journalisten machten daraus das Gottesteilchen und spekulierten, finde man dieses Teilchen, brauche es keinen Schöpfergott mehr. Weder bei der Diskussion über die Konsequenzen aus der Urknalltheorie noch bei der Entdeckung des Higgs- Boson könnte ein Theologe ernsthaft auf die Idee kommen, es bedürfe keinen Schöpfergott (mehr). Warum auch? Dazu reicht Thomas von Aquin, um den Gedanken ad absurdum zu führen. Ein Schöpfergott ist immer ein unverursachter Erstverursacher. Anders kann man das nicht denken. Eine Singularität, die expandiert, kann diesen Platz nicht einnehmen. Ebenso ist ein Boson, das die Masse sicherstellt, nicht in der Lage einen Schöpfergott zu ersetzen oder gar ad absurdum zu führen. Es wird hier insgesamt schon schwierig Begrifflichkeiten zusammen zu führen. Die Physik redet über Dinge, mit denen wir interagieren können. Die theoretische Physik kann auch über Dinge reden, mit denen wir nicht wechselwirken können, z.B. Dunkle Materie, da ist sie aber darauf beschränkt, Modelle zu entwickeln. In der Schöpfungstheologie gehen wir deutlich weniger kleinteilig vor. Wir reden von Gott, der in einem Akt der Selbstmitteilung aus Liebe die Welt ins Sein gerufen hat. Mit Punktsingularitäten haben wir es da nicht so, weil wir die in der Theologie begrifflich nicht beschreiben können.

Beim Lesen der diversen Theorien könnte man (als Theologe), das ist eine stete Versuchung, denken „ach so hast Du das gemacht!“. Gott hat Humor und schickt dem Physiker immer einen Kollegen, der gute Gründe hat seine Theorie zu hinterfragen oder gar zu widerlegen. Wer also als frommer Katholik glaubt, Astrophysik diene dazu, Gott zu widerlegen, der sei beruhigt. Gott ist kein Astrophysiker, er die Gesetze der Astrophysik geschaffen. Aus Liebe! Auch wenn mancher Physiker angesichts entsetzlich komplexer Mathematik denkt es sei Nickeligkeit gewesen.

So ist der Urknall eben keine absolute Wahrheit, im Gegensatz zu der Aussage, die wir im Glaubensbekenntnis machen: „Gott schuf die sichtbare und die unsichtbare Welt.“ Vielmehr ist der Urknall die Beschreibung eines Zustandes des Universums bevor die allgemeine Relativitätstheorie galt. Nicht mehr und nicht weniger. Raum, Zeit und Materie haben sich gemäß dieser Theorie aus einer Singularität heraus gedehnt. Es bislang kein allgemein anerkanntes Modell, das diesen Zustand hinreichend (mathematisch) beschreiben würde. Es bräuchte dazu eine Zusammenführung der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenphysik. Das ist bisher noch nicht gelungen.

Es ist nicht zu bestreiten, daß es eine große Zahl von Naturwissenschaftlern gibt, die Atheisten oder sogar Glaubensfeinde sind. Die, nimmt man es ernst, einen echten Krieg gegen den Kirche und den Glauben führen. Umgekehrt muß man leider sagen, daß es auch gläubige Menschen gibt, die der Ansicht sind, jede wissenschaftliche Theorie müsse sich sofort und unmittelbar in ihr religiöses Weltbild einschmiegen. Gelingt das nicht, sei die Theorie sofort zu verwerfen.

Frage: Was halten Sie von der Quantenphysik? Antwort: Nichts! Das ist gottlos!

Gegenantwort: Entsorgen sie Ihr Smartphone, sofort(!), denn das ist nichts anderes als angewandte Quantenphysik.

Beides ist Unsinn. Der Mensch ist von seinem Schöpfer mit einen hellen Verstand ausgestattet worden, damit er die Welt erkennen kann. Die Werkzeuge der Mathematik, der Beobachtung und des Experiments machen es möglich, dem Wesen der Schöpfung immer weiter auf die Spur zu kommen. Wir lernen dabei Stück für Stück ein wenig mehr über unser Universum im ganz Großen und im ganz Kleinen. Dabei geht es Schritt für Schritt vorwärts und auch immer wieder rückwärts, wenn denn eine Theorie so gar nicht funktionieren will. Gerade theoretische Astrophysik ist ein mühsames Unterfangen.

Natürlich sei es dem kleinen Justin erlaubt, daß die Entdeckungen der Astrophysik ihn maßlos überfordern. Kein einziges Gesetz, das ein Naturwissenschaftler entdeckt hat, ist heilsnotwendig. Manche, wie das Gravitationsgesetz können sehr unmittelbar wahrnehmen, z.B. wenn uns ein Ziegelstein auf den Fuß fällt. Andere, wie die Relativitätstheorie bemerken wir in unserem Alltag kaum. Es wird wohl niemand behaupten, er habe nur deshalb an Masse zugenommen, weil er zu schnell laufe. Trotzdem finde ich es bedenklich, wenn ein junger Mensch in unserer Zeit religiös wird, weil er Erkenntnisse der Naturwissenschaften anzweifelt. Wer nur ein wenig Theologie betrieben hat, weiß, wie hochkomplex manch eine theologische Erkenntnis sein kann, die sich zu Glaubensgut verdichtet hat. Was ist, wenn Justin plötzlich mit der hypostatischen Union Probleme bekommt? Wird er dann wieder Atheist oder Agnostiker?

Da beeindruckt es durchaus mehr, wenn Menschen angesichts der weit reichenden Erkenntnisse über die Natur aus dem Staunen zum Glauben finden. Das nämlich ist ein Weg, den viele Wissenschaftler gegangen sind. Nils Stensen ist nicht der geringste darunter. Nicht wenige Priester sind zugleich Naturwissenschaftler. Der Vatikan betreibt eine Akademie der Wissenschaften und eine Sternwarte. Die Kirche stand allen Unkenrufen zum Trotz den Naturwissenschaften immer aufgeschlossen gegenüber.

Das sollte man wissen, wenn man sich auf die Kirche und den Glauben einläßt.