Nach Köln ist vor der nächsten Katastrophe. Doch nach Köln bedeutet auch einen Bruch. Es gab einen Bruch in der Medienwelt und einen Vertrauensbruch gegenüber dem öffentlich-rechtlichen System.

FuBK-Testbild Grafik: Rotkaeppchen68 Quelle: Wikimedia Lizenz: CC-BY-SA-3.0
FuBK-Testbild
Grafik: Rotkaeppchen68
Quelle: Wikimedia
Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Während man vor dem 31.12.2015 etwas verächtlich auf alle herab schaute, die das böse Wort „Lügenpresse“ in den Wort nahmen, hat das Mißtrauen gegenüber den Medien jetzt einen Quantensprung gemacht. Insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sender und hier ganz herausragend das ZDF haben deutlich an Glaubwürdigkeit verloren. Wer sich jetzt noch ausschließlich auf deren Nachrichtensendungen verläßt, ist schlicht zu bemitleiden. Geradezu lächerlich wirkte der Versuch, noch am 4.1.2016 einen Bericht über die Horrornacht von Köln aus der Hauptnachrichtensendung „heute“ rauszuhalten. In Zeiten sozialer Medien ein Unding. Man hat das auch beim ZDF bemerkt und entschuldigte sich auf Facebook dafür.

Es macht an dieser Stelle wenig Sinn, den Medienskandal, der der schrecklichen Silvesternacht folgte noch einmal aufzurollen. Es gilt den Blick nach vorne zu werfen. Brauchen wir gebührenfinanzierte Medien, die uns unzureichend informieren und deren Grundversorgungsauftrag scheinbar ein Umerziehungsauftrag ist. Als Schüler haben wir einmal gelernt, was der Unterschied zwischen Staatsfernsehen und öffentlich-rechtlichem Rundfunk ist. Man erinnere sich daran. Der Vorteil eines öffentlich-rechtlichen Sendersystems ist seine Unabhängigkeit von der jeweiligen Regierung. Obwohl die politischen Parteien Einfluß nehmen können, findet eine Beschränkung dieses Einflusses durch die Partizipation anderer gesellschaftlicher Gruppen statt. Ein solches System funktioniert genau so lange, wie es divergierende Interessenlagen der partizipierenden gesellschaftlichen Gruppen gibt. Übernimmt ein allgemeiner Mainstream eine Gesellschaft, muß ein öffentlich-rechtliches System versagen. In diesem Falle kann es sogar noch schlechter sein, als ein Staatsfernsehen. Bei letzterem weiß man um dessen Parteilichkeit, während beim öff-rechtl. Sender doch immer noch ein Vertrauensvorschuß auf dessen Neutralität existiert.

Schon lange hatten Kritiker die politische Eindimensionalität der öff.-rechtl. Medienlandschaft beklagt. Insider wußten längst um manipulative Auswahl von Themen, Gesprächspartnern und Sprachregelungen. Wer sich in den vorwiegend linksgrünen Mainstream nicht einfügen will, wird ausgegrenzt. Sprachreglungen bewirken auch, daß grundsätzlich bei allem, was nicht dem Mainstream folgt, eine Zuordnung zu „Rechts“ erfolgt. Der Zuschauer kann und darf eine neutrale Berichterstattung erwarten, bekommt allerdings Meldung und Meinung im mundgrechten Menü serviert. Durch die Auswahl – nicht etwa nach Relevanz, sondern nach politischem Kalkül – erlangt Bedeutung, was hervorgehoben präsentiert wird. Während bei einem privaten oder staatlichen Sender klar ist, wer das Brot des Sängers bezahlt, wird dies in öffentlich-rechtlichen Medien hinter einer angenommenen Neutralität verschleiert. Da dies nicht mehr der Fall ist, könnten ARD und ZDF ausgedient haben.

Beide Sendeanstalten (ja, die nennen sich wirklich Anstalten) mit ihren jeweiligen Sendern breiten sich auf einem satten Gebührenteppich allerdings immer mehr aus. Durch eine Reform der Gebühren, die im Grunde eine Steuer ist, muß nun jeder Haushalt im Land die Anstalten finanzieren. Damit machen sich die öff.-rechtl. Sender in einer Weise breit, die jedem Wettbewerber das Wasser abgraben müßte. Nun ist es aber gerade so, daß diese sich keinem Wettbewerb stellen müssen. Während private Nachrichtensender wie ntv oder n24 ebenso wie private Sender mit Vollprogramm in gerade diesem Wettbewerb stehen. Schon mehrfach in der Vergangenheit waren es bei aktuellen Ereignissen die privaten Sender, die deutlich schneller, besser und sachgerechter informiert haben, als die öffentlich-rechtlichen. Man erinnere sich an die Anschläge in Paris im vergangenen Jahr. Bei ARD und ZDF saß man in der allerletzten Reihe, denn diese ließen einfach ihr Programm weiterlaufen. Keine Einblendung, keine Programmunterbrechung, keine Laufbänder.

Die milliardenschweren Sender zeigen immer wieder ihre Unfähigkeit, flexibel zu reagieren. Sie sind politisch klar ausgerichtet, gaukeln dabei Neutralität vor. Sie stehen ferner im Spagat zwischen der geforderten Grundversorgung mit qualitativ hochwertigen Sendungen (das ist ihr Kernauftrag) und dem Wettkampf mit privaten Sendern um Einschaltquoten (die übrigens in keinem Gesetz gefordert sind). Die Gründung von immer neuen Spartenkanälen gleicht dieses Defizit nicht aus. Bei aller Kritik an unterschiedlichen Punkten des real exisistierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland, wird dieser dennoch nicht so bald untergehen. Es gibt keine politische Initiative, nach Alternativen zu suchen. Für die Politik ist es bequem so. Über Sitze im Rundfunkrat hat man genügend Einfluß und die Sitze selber sind immer ein nettes Präsent für verdiente Parteifreunde. Für gesellschaftliche Großgruppen, Verbände, Kirchen, Gewerkschaften etc. gibt es ebenfalls keinen Grund, nach Veränderungen zu suchen. Man hat sich eingerichtet.

Es bleibt also nur der stete Tropfen, der auch den öffentlich-rechtlichen Stein irgendwann aushöhlt. Nach Köln ist hier Vertrauen zerbrochen. Man neigt dazu, sich anderswo zu informieren. Diesen Trend sollte man fördern. Gleichzeitig sollten die Stimmen nicht abreißen, die gebührenfinanzierten Sender deutlich kritisieren. Man könnte in politischen Kreisen beginnen, ein Bewußtsein dafür zu schaffen, daß die Bevölkerung diese Sender so nicht mehr braucht. Ob eine Reform möglich ist und wie die aussehen könnte, sei einmal dahin gestellt. Die Gefahr ein riesengroßes Bürokratiemonster zu schaffen, ist zu groß. Rundfunkgebühr und öffentlich-rechtliche Medien sind allerdings Auslaufmodelle. Die Zukunftsfähigkeit gebührenfinanzierter Zwangsbespaßung dürfte gegen null tendieren.  Ob es von nun an allerdings zehn oder zwanzig Jahre brauchen wird, bis sie ihr Ende finden, liegt an jedem, der eine Fernbedienung in die Hand nimmt.