Amazonasdelta (gemeinfrei)

Einen interessanten Gedanken äußerte Gerhard Kardinal Müller im Interview mit der italienischen Zeitung La Nuova Bussola Quotidiana (NBQ).

Die Frage und Antwort im Original:

Allora lei è d’accordo con il cardinale Brandmüller, quando parla di “eresia” a proposito di questo documento (clicca qui).
Eresia? Non solo, è anche mancanza di riflessione teologica. L’eretico conosce la dottrina cattolica e la contraddice. Ma qui si fa solo una grande confusione, e il centro di tutto non è Gesù Cristo ma loro stessi, le loro idee umane per salvare il mondo.

http://www.lanuovabq.it/it/sinodo-amazzonia-un-pretesto-per-cambiare-la-chiesa

Deutsch:

Dann sind Sie mit Kardinal Brandmüller einer Meinung, wenn er dies Dokument eine Häresie nennt?

Häresie? Nicht nur das, es fehlt auch die theologische Reflexion. Der Häretiker kennt die katholische Lehre und widerspricht ihr. Aber hier herrscht nur große Verwirrung, und das Zentrum von allem ist nicht Jesus Christus, sondern sie selbst, ihre menschlichen Ideen zur Rettung der Welt.

Übersetzung PW

Der Kern des Gedankens ist die mangelhafte Reflexion über die theologischen Hintergründe einer Sache.

Es klingelt sofort, wenn man mal jüngere Äußerungen im kirchlichen Raum an sich vorbei ziehen lässt.

Kürzlich forderte eine deutsche Nonne die ökumenische Eucharistiefeier und meinte, die Eucharistie sei ja auch innerkirchlich gar nicht das Zeichen der Einheit.

Häresie? Nicht nur das, es fehlt auch die theologische Reflexion

… sorry, Eminenz, man könnte Ihre Antwort hier exakt so geben.

Der Bischof von Magdeburg war im Februar diesen Jahres noch komplett sicher, dass die Priesterweihe von Frauen komme.

Häresie? Nicht nur das, es fehlt auch …

Man könnte das fortsetzen bis zum Erbrechen.

Partielle Interkommunion mit Erlaubnis deutscher Bischöfe

Häresie? Nicht nur das, …

Überinterpretation von Amoris laetitia, genau genommen, jener ominöse Fußnote und die päpstliche Zustimmung

Häresie? Nicht nur das, …

In dem oben verlinkten Interview geht es, um das Instrumentum laboris für die Amazonassynode. Nicht erst die Kardinäle Brandmüller und Müller kritisierten das Dokument als eine Katastrophe. Zahlreiche katholische Kommentatoren hatten das Dokument heftig kritisiert. Erst jüngst kommentierte Weihbischof Athanasius Schneider auf kath.net das Instrumentum laboris und Guido Horst sieht die Kirche hierzulande sogar in einem Zangengriff zwischen Amazonassynode und „Synodalem Weg“

Insbesondere der synkretistische Ansatz des Umgangs mit den Naturreligionen und magischen Kulten der Amazonasregion, welcher im Instrumentum laboris zur Synode steht, findet sich stark in der Kritik. Ferner sind die Frage nach dem Zölibat und einem wie auch immer gearteten Amt für Frauen kritisch zu beurteilen. Im Hinblick auf letzteres mag man sich von bischöflichen und theologischen Nebelkerzen nicht täuschen lassen, es geht am Ende um nichts anderes als den Einstieg in die Frauenpriesterweihe.

Da das Dokument mit päpstlicher Erlaubnis erschienen ist, ist von päpstlichem Einverständnis auszugehen. Und da wird es mal wieder spannend. Der Papst ein Häretiker?

Häretisch? Nein, aber der der Häretiker kennt die Lehre der Kirche und lehnt sie ab. Es ist hier eine mangelnde theologische Reflexion festzustellen, die die Lehre der Kirche nicht einmal ablehnt, sondern sie schlicht ignoriert und vor der eigenen Agenda relativiert. So könnte man die Aussage des Kardinals in Bezug auf den Papst variieren.

Hierin ist die weitaus größere Gefahr zu sehen. Es folgt von interessierten Kreise eine Dekonstruktion der Kirche entlang einer seit mindestens fünf Jahrzehnten in Arbeitskreisen und -gruppen immer weiter entwickelten und gepflegten Agenda. Schon im Verlauf des zweiten Vatikanums gab es derlei Tendenzen, denen jedoch von einem funktionierenden universalen Lehramt, zu dem auch das Konzil selbst noch gehörte, Einhalt geboten werden konnte.

Die Früchte von Gruppen, wie der St. Gallen- Mafia oder eben auch der von Guido Horst genannten REPAM treiben eine politische Agenda in der Kirche voran, die parallel zu einer politischen linken Agenda in supranationalen Organisationen verläuft. Das alles ist keine große geheimnisvolle Weltverschwörung. Die Ziele und Agenden sind und waren immer öffentlich, die Treffen fanden und finden unter den Augen der Öffentlichkeit statt.

Die Kritiker des Instrumentum laboris machen zu Recht öffentlich, in welchen Punkten die Kirche nicht den Vorschlägen folgen darf. Als Realist muss man einsehen und akzeptieren, dass wesentliche Teile aller Voraussicht nach zur Umsetzung kommen werden.

Parallel dazu wird sich konkretisieren, was auf dem „Synodalen Weg“ passieren soll. Die zeitliche Nähe ist erschreckend Es ist zudem kaum anzunehmen, dass die „Deutsche Kirche“ wesentlich hinter den Ergebnissen der Synode zurückbleiben wollen wird. Da ist zum einen der Zölibat, dem die deutschen Bischöfe mehrheitlich und mehr oder weniger offen den Kampf angesagt haben. Im Hintergrund steht der klerikalistische Aberglaube, man könne auf diese Weise wieder mehr Priester bekommen. Eine faktische Abschaffung des Zölibats, die die Einführung von Viri probati sein wird, verschafft uns primär eine größere Zahl älterer Priester, die dem Ruhestand schon sehr nahe sein werden. Zugleich wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein retardierendes Moment in den Seminaren geben.

Viele Seminaristen werden sich die Frage stellen, ob sie den -gesellschaftlich begründungspflichtigen – schweren Weg des Zölibats auf sich nehmen oder bis 35 als Pastoralreferent arbeiten, um dann die Weihe zum Vir probatus anstreben. Eines ist sicher. Die Kirche wird das sehr verändern. Die Situation des mangelnde Priesternachwuchses wird so eine Maßnahme äquivalent zu evangelischen Gemeinschaften eher verschärfen. Denn ob beispielsweise ein 35-jähriger Pastoralreferent mit Frau und Kindern, der sich zum einen ständig über die Bistumsbehörden ärgert und zum anderen wegen des steigenden Fachkräftemangels von Staat und Wirtschaft umworben wird, noch die Bereitschaft zur Weihe zeigen wird, ist mehr als fraglich.

Schon dieses eine praktische Beispiel zeigt, das explosive Potential von Synode und „Synodalem Weg“. Selbst hochrangige Kritik verhallt bisher ungehört. Es geht einfach weiter.