Seit gestern Abend geistert durch die Netze, daß der Diözesanrat der Berliner Katholiken einen Antrag zur Unterstützung des „Marschs für das Leben“ abgelehnt hat. Es wird in einem langen Artikel in der Berliner Bistumszeitung „Tag des Herrn“ über die letzte Sitzung des Diözesanrates erwähnt. Ein Halbsatz zum Ende des Artikels, mehr ist es gar nicht. Mehr Raum hat es wohl auch in der Sitzung nicht eingenommen. Deutlich mehr als eine Fußnote ist dem Diözesanrat der Katholiken der Marsch für das Leben ganz offensichtlich nicht wert. Rund 7500 Teilnehmer aus ganz Deutschland nehmen an dem friedlichen Schweigemarsch in Berlin inzwischen teil, Tendenz steigend. Im vergangenen Jahr nahm unter anderem auch Erzbischof Heiner Koch an dem Marsch teil. Wegen der massiven Bedrohung durch teilweise gewaltbereite linke Gegendemonstranten kann der Marsch nur unter massivem Polizeischutz stattfinden.
Der Sachverhalt als solcher wird insbesondere für Katholiken, denen der Schutz des menschlichen Lebens ein besonderes Anliegen ist ein Ärgernis darstellen. Verwundern wird es niemanden, der sich ein wenig in der Kirche auskennt.
Es ist sehr gut, daß der abgelehnte Antrag im Artikel erwähnt wird. Eigentlich ist es nämlich keine Nachricht, weil es schon immer so war, daß Laienfunktionäre in der Mehrzahl dem Schutz des menschlichen Lebens mindestens indifferent gegenüber stehen. So eine Ablehnung hat dem Grunde nach keinen Neuigkeitswert.
Halten wir also fest: Nichts neues unter der Sonne.
Ein Treppenwitz der ganzen Geschichte ist der im selben Satz erwähnte Beschluß des Aufrufs „In Christus verbunden: Ökumenisch Kirche sein im Erzbistum Berlin“. Vielleicht wissen die Mitglieder des Diözesanrates das nicht, aber ohne eine echte und sehr fruchtbare ökumenische Zusammenarbeit wäre der Marsch für das Leben in Berlin schlicht undenkbar. Den evangelischen Christen, die die Last der Organisation des Marsch für das Leben zu sehr großen Teilen tragen, hat der Diözesanrat in ökumenischer Verbundenheit eine schallende Ohrfeige verpaßt.
Ganz nüchtern und mit klaren Worten bringt die Berichterstattung im Tag des Herrn diesen Widerspruch auf den Punkt. Es geschieht in bester handwerklich korrekt ohne dem Leser eine Wertung vorzugeben. So geht Journalismus!
Eine Wertungsvorlage braucht ein aufmerksamer Leser nicht. Wer denken kann, sieht den Sachzusammenhang sofort. Ökumene ja, so lautet die Botschaft. Aber bitte nur, wenn es um Händchen halten und Piepiepiepliebhaben geht. Das kommt in der Veröffentlichten Meinung gut an. Wenn es jedoch um den unpopulären Einsatz für die Schwächsten – die ungeborenen Kinder – geht, dann ist sogar die Ökumene eher peinlich.
Wie peinlich wäre mir als Katholik dieser Diözesanrat, wohnte ich im Erzbistum Berlin! Peinlich ist er derzeit auch wegen der Querelen im Vorstand. Aber das ist nun wirklich für jeden, der nicht im Diözesanrat sitzt, völlig irrelevant. Die Funktionäre und den Verwaltungsapparat des Erzbistums werden die Querelen wohl noch ein wenig beschäftigen. Kein Mitleid. Das ist hausgemacht.
Allen Katholiken im Erzbistum Berlin, die sich jetzt betroffen fühlen, kann man nur sagen, sie mögen sich nicht verwirren lassen. Denn: Wer glaubt, daß Laienvertrer die Laien vertreten, glaubt auch, daß Zitronenfalter Zitronen falten.
Ein Postulat aus der Sitzung, welches dem Artikel seine Überschrift gab, lautet: „Offen für die Meinung anderer“. Es stammt wohl als wörtliches oder sinngemäßes Zitat aus der Diskussion rund um das Positionspapier „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“. Hauptsache die Laienfunktionäre haben ein Papier verabschiedet. Das ist doch deren wichtigste Aufgabe. Dafür sind sie da.
Daß man allerdings als Katholik nicht auf die Propaganda, die von mehrheitlich linkskatholischen Laienfunktionären verbreitet wird, hereinfallen sollte, dürfte auch klar sein. „Offen für die Meinung anderer“ ist genauso wahr oder unwahr wie die Aussage „Keiner wäscht reiner“. Es ist PR, nichts anderes. Das sollte man sich immer vor Augen halten. Positionspapiere sind für Funktionäre wichtiger als der Schutz ungeborener Kinder. Das darf man wohl annehmen, wenn man die Gewichtung in der Sitzung betrachtet. Eine lange Diskussion vs. ein mit lockerer Hand abgeschmetterter Antrag. Das ist so. Darin ist der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin keine Ausnahme unter den Laiengremien der deutschen Diözesen und dem „ZdK“.
Bevor sich nun jemand – äquivalent zum „ZdK“ – vom Diözesanrat nicht vertreten fühlt, sei hier angemerkt: so lange der Erzbischof von Berlin nicht anders entscheidet, wird der mündiger Katholik, welcher auf dem Gebiet des Erzbistums Berlin wohnt vom Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin vertreten.
Man kann sich schlecht vertreten fühlen und das auch sagen.
Man kann anmerken, daß den Wahlen zu selbigem Gremium nur in homöopathischer Potenz einen Hauch von Demokratie anhaftet.
Man kann sogar mal ganz ernsthaft fragen, ob und inwieweit jene Funktionäre, die dort Mitglied sind, überhaupt in ihrer Weltanschauung mit katholischen Glaubensinhalten Kongruenz aufweisen.
Man kann feststellen, daß sehr einseitig nur Teil der katholischen Bandbreite vertreten wird.
Man kann das alles feststellen und man sollte derartige Feststellungen auch öffentlich machen.
Man kann auch als Katholik in Berlin seinem Erzbischof mal schreiben. Über nette Briefe freut sich doch jeder.
Denn das ist Fakt: So ein Bischof weiß nur das, was man ihm sagt. Hellsichtigkeit gehört nicht zu den Charismen des bischöflichen Amtes.
Der Marsch für das Leben wird am 16.9.2017 auch ohne den Diözesanrat stattfinden. Dem unbekannten Antragsteller sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt. Es gibt eben doch noch Laienvertreter, die anders denken. Allen Mitgliedern des Diözesanrates sei ans Herz gelegt, ihre Position zum Schutz des menschlichen Lebens anhand dessen, was Papst Franziskus dazu sagt, zu überprüfen.