Der Dialog ist zurück. Ausgelöst hatte diesen sonderbaren Prozeß der damalige Vorsitzende der DBK, Erzbischof Zollitsch im Jahr 2010 auf der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe. Er wußte damals selber nicht, was er sich darunter vorstellen konnte. Es war ein Akt der Hilflosigkeit angesichts der bekannt gewordenen Fälle von sexuellem Mißbrauch durch Amtsträger der Kirche.

Sehr schnell hatten Verbände und Funktionäre den Dialog gekapert. Innerhalb der kirchlichen Strukturen in Deutschland sind Verbandsmitglieder und Gremienfunktionäre die „tragenden Stützen der Gemeinden“. Normalgläubige Katholiken, die zumeist in Lohn und Brot stehen, Familie haben, einen Alltag bewältigen müssen und denen der Glaube Lebensgrundlage aber nicht Lebensinhalt in Form eines Funktionärsdaseins ist, haben für so etwas dem Grunde nach ohnehin keine Zeit.

Im Zuge des Marsches durch die Institutionen hatte das Denken der 68er auch sehr weitgehenden Einfluß auf kirchliche Strukturen genommen. Nicht mehr primär katholischer Glaube an die Erlösung der Menschen durch Kreuz und Auferstehung stehen dabei im Mittelpunkt. Diesen Platz hat der Gedanke, die Welt nach sozial/sozialistischen Mustern zu prägen , in vielen Fällen eingenommen. Um dem Ausdruck zu verleihen, hat sich innerhalb der Kirche ein ganz eigener Soziolekt entwickelt, der sich stark an eine soziologische Fachsprache anlehnt.

„Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ machte vor allem in den 80er Jahren von sich reden. Was so biblisch scheinbar fromm daher kam, war eine rein diesseits orientierte Vorstellung. Jesus machte man zum Obersozialrevoluzzer, Superpazifisten, Frauenversteher und Umweltretter. Je nach persönlicher Ausrichtung ließ sich das alles aus der im Stuhlkreis geteilten Bibel herauslesen.

In seinen diversen Weiterentwicklungen waren solche und ähnliche Gedanken tief und breit in die Kirche eingedrungen. Eine verdorbene Theologie an den Universitäten, die aus reichen westdeutschen Professoren die weltbesten Befreiungstheologen machte, stützte dieses Denken und erweiterte es um Feminismus und viele andere weltliche zumeist politisch / gesellschaftlich links angesiedelte Ideen. Die Gelegenheit war günstig. Mit dem II. Vatikanischen Konzil hatte Papst Johannes XXIII. die Fenster der Kirche zur Welt geöffnet. Herein kam nicht etwa frische Luft, es strömte der Mief der Straße in die Kirche. Ventiliert wurde das ganze noch von einer allgegenwärtigen Spukgestalt, dem „Geist des Konzils“, der durch Verbände und neu geschaffene Funktionärszirkel waberte.

Die Plätze der frommen Frauen in der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, die in Gebet und Werken der tätigen Nächstenliebe den Sinn ihres christlichen Lebens sahen, nahmen Alltagsfeministinnen ein, die der kfd dann auch sozialistisch anmutende Minuskeln als Abkürzung gaben und für das Priestertum der Frau stritten. Gleiches und ähnliches in ein dereinst starken Jugendverbänden, die einmal Christus als ihren König feierten, heute sind sie dämonkratisch.amen – Wie erbärmlich! Ähnliches ereignete sich den meisten Verbänden und Vereinen innerhalb der Kirche in jeweils unterschiedlicher Ausprägung. Das ist der Humus, auf dem der „Dialog“ gedeihen konnte.

In den Jahren 2011 bis 2015 fand auf fünf Showbühnen je eine jährliche Dialogveranstaltung statt. Zahlreiche diözesane Veranstaltungen ähnlicher Art folgten. Wenn man ehrlich ist, waren die Veranstaltungen allesamt völlig homogen besetzt. Doch man gab sich den Nimbus eines sagenhaft heterogenen Diskussionsevents. Am Ende hat das niemand allerdings mehr geglaubt. Zu Beginn hatten gläubige Katholiken mit eher konservativem Hintergrund noch versucht Einfluß zu nehmen. Man gestattete großzügig ein paar Alibiteilnehmer z.B. vom Forum Deutscher Katholiken oder von geistlichen Gemeinschaften. Diese rieben sich mit großem Mut und sehr viel Kraft in den Stuhlkreisen auf. Gleichwohl vergeblich. Obwohl man bis zum Schluß am Ball blieb, war der Einsatz für die Katz.

Facepalm

Dachte man mit dem Event von 2015 und dem ungelesenen Abschlußdokument wäre der Spuk endlich gegessen, so hat man sich getäuscht. „Im heute glauben“ ist ein Untoter. Ein Wiedergänger, dem auch mit viel Knoblauch nicht beizukommen ist. Allein die Sprache ist schon verräterisch. Mit dem Glauben, der ja auf der Wahrheit beruht nicht aber auf einen Konsens, hat der Dialog nichts zu tun. Katholisch ist daran gar nichts, denn es ist eine partikular deutsche Sache. Die Diktion „Im heute glauben“ ist gruselig. Ich lebe heute, ja. Ich lebe nicht „im heute“. Dieser kircheneigene soziologisch angehauchte Neuspech, der auch tief in die Theologie Einzug gehalten hat, vergiftet unser Denken, weil er uns der klaren Begriffe beraubt. Mithin ist auch das Ziel des Dialogprozesses, den Glauben der Kirche des universellen Wahrheitsanspruches zu berauben und geschmeidig an den sozioesoterisch-breitentauglichen Zeitgeschmack anzupassen. Es macht wenig Sinn in diesem Kontext katholische Inhalte vertreten zu wollen. Sie sind damit nicht kompatibel! Realpräsenz beispielsweise würde da gar nicht verstanden. Das grenzt aus, ist nicht vermittelbar, ist unökumenisch u.v.a.m.

In der Tat ist Christus in der Eucharistie gegenwärtig aber immer noch ewig und ganz sicher nicht „im heute“. Viele andere Beispiele ließen sich anführen, wo der Dialog den Irrtum beflügelt. Bischöfe, die hier korrigierend, d.h. lehrend, eingreifen müßten, dialogisieren munter mit. Fast könnte man denken, sie wüßten es selber nicht besser.

Weil es aber nun einmal so ist, daß dieser Dialogglaube „im heute“ sich ereignet, eben auch nur einen Gott hat, der sich ereignet, aber leider nicht so wirklich viel mit dem zu tun hat, was wir Katholiken im Credo bekennen, gibt es keine ernst zu nehmende Möglichkeit, wie man daran noch beteiligen könnte. Es bleibt nur der Posten des aufmerksamen Beobachters.

Denn das ist nun einmal Fakt: Dieser Dialog prägt die Praxis (amts-)kirchlichen Handelns in Deutschland. Und das ist schon etwas gruselig …