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Grafik: Peter Esser
Quelle: disputata.de

Es war schon ein nicht ganz kleiner Erfolg. Die KNA (Katholische Nachrichtenagentur) hat heute eine Meldung zurück gezogen, weil darin der Erzbischof von Toledo falsch zitiert wurde. Die neue Meldung ist butterweich und spricht davon, der Erzbischof von Toledo, Braulio Rodriguez, weise Vorwürfe entschieden zurück. Es folgt dann in der neuen Meldung das korrekte Zitat und eine Klarstellung.

Zu verdanken ist dieser Erfolg zwei Bloggerinnen, die sorgfältig recherchiert und berichtet hatten. Damit sollte die Sache nun aus der Welt sein, zumal sogar in der Wikipedia läßt im Artikel über Erzbischof Rodriguez die Erwähnung des Rückzugs der KNA- Meldung unangetastet. Damit sollte die Ente aus dem Teich sein. Daß andere Medien, die ebenfalls die falsche KNA- Meldung übernommen haben, die Korrektur übernehmen, ist realistischerweise nicht zu erwarten. In der Welt steht der einschlägige Artikel unverändert. Eine rühmliche Ausnahme bildet das Domradio, denn hier wurde nach Protesten auf der FB-Seite des Senders der Artikel zunächst offline gestellt, nach Klärung erfolgte sogar eine Entschuldigung der Redaktion.

So geht das. Was rückblickend auf den Tag und dieses Ereignis festzustellen ist, ist die Mustergültigkeit der Abläufe. Es bringt gar nichts, sich auf die Straße zu stellen und „Lügenpresse“ zu brüllen. Da gehen nur die Klappen runter und jeder bestätigt sich selber seiner guten Meinung, alle haben Recht und keiner bekommt Ruhe. Es hilft nur eines, wenn man den Verdacht hegt, eine Berichterstattung könne falsch sein: Selber nachsehen, selber recherchieren und dort zu Wort melden, wo man sich zu Wort melden kann. Da gibt es Blogs, Facebook und nicht zuletzt Twitter, um sich Gehör zu verschaffen. Es braucht Netzwerke, wir sind ja keine Redaktion mit gut bezahlten Journalisten, also müssen viele helfen. Findet man die Wahrheit und gelingt es, sie öffentlich zu machen, kann man auch Erfolge verbuchen. Keine Frage, es ist und bleibt mühsam, ärgerlich und oft auch von Mißerfolg gekrönt. Doch es lohnt sich, denn der stete Tropfen höhlt den Stein. Wenn die Agenturen, die Redaktionen und die Kolleginnen und Kollegen von der schreibenden Zunft wissen, daß ihnen kritische Leser mit eigenen Publikationskanälen im Nacken sitzen, werden sie sorgfältiger. Das ist keine Drohung, wir tun niemandem weh. Wir wollen eine gute, starke und glaubwürdige Presselandschaft. Und dieses Ziel ist zugleich der Weg. Wenn es nämlich gelingen sollte, in Blogs und sozialen Medien wirklich als gleichberechtigte Mitbewerber angesehen zu werden, wird die Presse nicht schlechter. Ganz im Gegenteil, größere Sorgfalt birgt das Potential höherer Qualität. Leider kann man eine Falschmeldung noch so gut enthüllen, es bleibt immer etwas kleben. Dennoch wird nicht aufgegeben.

Ein ganz eigener Fall ist die Kirche. Von den säkularen Medien wird sie erst einmal unter Generalverdacht gestellt. Man traut ihr alles erdenklich schlechte zu. Machen wir uns auch da keine Illusionen. Wir werden die Lüge nicht aus der Welt bekommen, denn der Vater der Lüge ist der Fürst der Welt. Und dieser versucht die Kirche zu schwächen wo es eben geht. Dem ist jedes Mittel und jeder noch so unbedarfte Helfer recht. Man kann von Medienvertretern im allgemeinen nicht erwarten, die Kirche in ihrer übernatürlichen Wirklichkeit zu verstehen. Das wäre zu viel verlangt. Nicht zu viel verlangt wäre es, die Kirche nicht stetig unter Generalverdacht zu stellen, ihr Sein und ihre Lehre als gegeben hinzunehmen und auf dieser Basis fair zu berichten. Doch auch die Kirche selbst ist im Medienzirkus nicht das unschuldige Lämmchen, das ganz unbedarft zum Opfer wird.

Die Medienwelt unserer Tage fremdelt mit der Kirche und ihrer Eigenart. Sie nimmt die Kirche primär als eine soziale oder gesellschaftliche Größe hin. Einige Vorurteile spielen immer wieder ihre unrühmliche Rolle. Die Kirche ist reich, die Kirche ist mächtig und die Kirche will eigentlich nur immer mehr Geld und Macht. Das ist idealtypisch überspitzt, der Blick des Mainstreams auf die Kirche. Natürlich ist die Kirche auch ein großer Player im sozialen Bereich. Sie ist nützlich als moralische Instanz, so lange sie nicht allzu konträr gegen die Moral des Zeitgeistes steht. Auch hier natürlich alles nur überspitzt darstellbar in der Kürze. Die Neigung des Staates, der Gesellschaft und nicht zuletzt der Medien ist es, aus der Kirche eine politisch, sozial und moralisch nützliche NGO zu machen. Unterm Strich also ihr die Zähne der Transzendenz zu ziehen, denn allein der Gedanke an überweltliche und überzeitliche Wahrheit, für die die Kirche steht, ist dem Zeitgeist der relativistischen Medienzeit unserer Tage ein Ärgernis, das größer nicht sein könnte.

Mit dieser Sicht auf die Kirche läßt sich viel erklären. Es läßt sich damit auch erklären, warum viele Fachjournalisten in großen Medienhäusern wohl Theologie studiert haben, mithin fachlich gut qualifiziert sein dürften, jedoch ihre nicht selten gebrochene Biografie mit der Kirche in ihrem Schaffen abarbeiten. Diese Gruppe Journalisten mit wirklich großer Fach- und Sachkenntnis sind sehr beliebt in den Redaktionen. Eine andere Gruppe zeichnet sich durch eine unglaubliche Ahnungslosigkeit bezüglich der Wirklichkeit der Kirche, ihrer Lehre und ihrer Praxis aus. Jedenfalls ist dies der Eindruck, den man als Insider gewinnen kann, liest man deren Texte. Die Folge ist, da es sich ja bei beiden Gruppen, natürlich auch hier wieder nur idealtypisch gerastert, durchaus um gute Journalisten und zum Teil exzellente Schreiber handelt, eine Fülle von Berichten über die Kirche, die einem die Tränen in die Augen treiben. Zudem verfolgen gerade viele Journalisten der erstgenannten Gruppe eine mehr oder weniger persönliche Reformagenda, wie die Kirche denn werden soll. (Frauenpriestertum, Zölibat weg, Ehe relativieren und dem Zeitgeist anpassen etc.)

Aus dieser Lage heraus destilliert sich das Bild, das der Leser, der selber der Kirche fern steht, von dieser Kirche nur bekommen kann. Die Fremdheit wird zunehmend größer. Man will zwar die Kirche irgendwie noch, weil sie ja, was nirgendwo ernsthaft bestritten wird, nützlich ist. Man will sie aber zurecht gestutzt wissen. Aus dem eigenen Leben soll sie sich raushalten. Man zahlt, man erwartet die Dienstleistungen. Fertig. Hier treffen sich die Erwartungshaltungen und die verschiedensten Reformagenden. Es ist ein Bild von der Kirche, das nur noch ein Zerrbild sein kann. Und so glaubt dann jeder sofort, daß ein Erzbischof solche Sachen gesagt haben könnte, wie sie Erzbischof Rodriguez unterstellt wurde.

Umso erstaunlicher ist allerdings, daß eine solche Meldung von einer Nachrichtenagentur verbreitet wurde, die nicht nur katholisch heißt, sondern sich auch noch im Besitz des VDD (Verband der Diözesen Deutschlands) befindet. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein Blitzlicht, der für einen Moment sichtbar erhellt hat, was man sonst eher müsam durchleuchten muß. Das Medienverhalten der Kirche ist von einer ungeheuren Komplexität. Es ist ja nicht so, daß die Kirche der Welt hilflos ausgeliefert wäre, auch nicht der Medienwelt. In Deutschland hat jede Diözese, jeder Verband, jeder Verein seine Pressestelle. Dort sitzen (fast) überall professionelle Journalisten. Das Sekretariat der DBK hat seine eigene Pressestelle und versucht nicht nur die Medienarbeit der katholischen Kirche zu vereinheitlichen, sondern auch selber aktiv in Medienprozesse einzugreifen. Das Ziel dabei ist, in den Medien möglichst gut da zu stehen. Dazu zieht mal alle Register der modernen Public Relations und Public Affairs. Man spielt mit im großen Spiel der Medienwelt. Man lädt ein zu exklusiven Hintergrundgesprächen und weiß sich als guter Gastgeber. Auch wenn so ein kleiner Blogger natürlich niemals zu so einer großen Gesprächsrunde eingeladen würde, bei keiner Veranstaltung der DBK, bei der ich als Journalist akkreditiert war, mußte ich hungern oder dursten. Im Gegenteil, man wird dort immer großzügig bewirtet.

Darüber hinaus wird die Kirche in der Medienwelt auch selber aktiv. Eigene Portale, eigene Druckerzeugnisse, eine eigene Journalistenschule, eine eigene Nachrichtenagentur und nicht zuletzt eine Consultingfirma für professionelle Medienarbeit. Das alles im Besitz kirchlicher Träger, zumeist in den Händen des VDD oder dessen Tochterfirmen. Da kann so manch ein großer Konzern neidisch werden, wenn man sich die Medienpower der Kirche ansieht. Und doch steht die Kirche nicht selten als begossener Pudel in der Medienlandschaft. Da werden Bischöfe gejagt, Kleinigkeiten skandalisiert und jeder Priester der wegen Zölibat sein Amt aufgibt, wird zur Schlagzeile. Andererseits ist die große Botschaft der Kirche keine Randnotiz wert. Es gelingt inzwischen nicht einmal mehr in den Medien die zentralen Inhalte der großen Feste, die auch gesetzliche Feiertage sind, angemessen zu kommunizieren.

Der Grund dafür ist allerdings auch nicht einfach so in drei Zeilen darstellbar. Auch hier liegt wieder eine Gemengelage vor, die sehr komplex ist. Medienarbeit, das ist eine Binsenweisheit, lebt von Menschen. Menschen recherchieren, durchdenken und schreiben die Nachrichten, die Kommentare und eben auch die Pressemeldungen. Meist sitzen an beiden Enden Journalisten. Die Kirche bildet sogar ihre eigenen Journalisten aus. Das ifp hat nach wie vor einen exzellenten Ruf als Journalistenschule. Doch auch das ifp kann nur die Menschen ausbilden, die vorhanden sind. Die Jahrgänge der ifp- Voluntäre und -Stipendiaten bilden die Wirklichkeit der Kirche und der Gesellschaft ab. Diese Wirklichkeit beinhaltet einerseits den Willen zur Kirche zu gehören, aber zugleich das große Fremdeln (oft auf Grund von Unkenntnis) mit Glaube und Praxis eben dieser Kirche. Von einem Jahrgang ifp- Voluntäre oder -Stipendiaten werden eben auch nur ca. 10% regelmäßig die Sonntagsmesse besuchen. Es werden nicht mehr und nicht weniger als in der gesamten Kirche Humanae vitae ablehnen oder den Katechismus für einen römischen Glaubensvorschlag mit geringer Verbindlichkeit halten. Das ist eine Wirklichkeit, der man nicht ausweichen kann. Da kommen am Ende tolle, super qualifizierte Journalisten raus. Gläubiger sind die deswegen aber noch lange nicht. Mehr Wissen über den Glauben erlangen sie auch nicht. (Daran könnte man allerdings was machen.)

Wer sich nun als fragt, wieso eine KNA einen solche kirchenkritische zum einen überhaupt und zum anderen auch noch als Ente in die Welt setzen kann, zähle einfach mal eins und eins zusammen. Die Mechanismen, die im Mediengetriebe ablaufen,  kann man in vielen Fällen sogar leicht erkennen, wenn man die obige sehr grobe Darstellung mal als Schablone auf das Geschehen legt.

Man versteht dann auch, warum man die Blogger nicht mag, warum man kath.net – am liebsten gestern noch – loswerden möchte. Man versteht aber auch, daß man selbige fürchtet, verachtet, ja teilweise regelrecht haßt. Im Gegensatz zu den Profis, den angestellten und recht gut bezahlten Redakteuren, sind sowohl die Mitarbeiter von kath.net als auch die Blogger tatsächlich gläubige Überzeugungstäter. Und es zeigt sich, je schlechter die Profis werden, umso mehr legt die Professionalität derer zu, die privat als Katholiken in Fragen der Kirche und des Glaubens publizieren. Es nimmt auch die Zahl derer zu, die aktiv werden.

Wir brauchen also gar nicht „Lügenpresse“ brüllen. Wir enthüllen die Enten einfach. Nicht immer, aber immer öfter.