Aber sollte man das auch?
Es ist die übliche Ausrede, wenn es um Segnungen irregulärer Lebenssituationen jeglicher Art geht, man könne jeden segnen. In der Tat kann man „jeden“ segnen. Man kann aber nicht „alles“ segnen. Man kann – und die Priester sollten das tun – den Sünder segnen. Das ist gut. Niemand aber sollte die Sünde segnen. Das schlicht ein Unding.
Als Journalist und Blogger bekommt man gelegentlich Leserzuschriften. Nicht immer kann man reagieren, aber gelesen wird alles. Eine solche Zuschrift wies mich jüngst auf einen „Gottesdienst für Paare – mit der Möglichkeit der persönlichen Segnung“ hin. Der Gottesdienst findet an einem Sonntag im Februar nachmittags in einer Gemeinde irgendwo in Hessen statt. Alle Paare, so die Leserin in ihrer Zuschrift, seien in den Vermeldungen am vergangenen Sonntag ausdrücklich eingeladen worden. Gut so, man will doch hoffen, dass es keine Ausgrenzungen gibt. Aber ein paar Gedanken macht man sich schon.
Die Nähe zum Gedenktag des Hl. Valentin ist wohl rein zufällig. Hier sind selbst ganz moderne Menschen offensichtlich vorkonziliar, denn der Gedenktag wurde im Zuge der Liturgie- und Kalenderreform nach dem letzten Konzil kassiert. Der Märtyrer Valentin war Bischof von Terni. Er wurde im 3. Jh. in Rom enthauptet, weil er, so die Legende, junge Ehepaare verbotenerweise christlich getraut hat. Die Ironie des Valentinstages ist wohl das recht weltlich aufgefasste Patronat der Liebenden in ganz gleich welcher Konstellation.
Eine andere Legende sagt, Bischof Valentin habe den jung Vermählten Blumen aus seinem Garten geschenkt. Das haben sich unserer Tage die Floristen zu eigen gemacht, um am Valentinstag das große Geschäft zu machen. Liebe verkauft sich eben immer noch besonders gut.
Wer die obigen Sätze aufmerksam gelesen hat, wird leicht den Irrsinn feststellen. Da wird am Gedenktag eines Heiligen, der sein Leben riskiert (und verloren) hat, um junge Menschen nicht in irregulären Verhältnissen leben zu lassen, ein Liebeskult der Beliebigkeit gefeiert. Und so erklären sich, weil ja „die Kirche“ unserer Tage auf jeden Allerweltszug aufspringt, die zahlreichen Segnungsgottesdienste für Paare aller Art.
Jede wird gesegnet. Egal welcher Stand, egal ob in geordneten oder in irregulären Verhältnissen lebend. Da wird gesegnet, was kommt. Welches Signal geht davon aus? Nun zuerst einmal ist es eine Ohrfeige für all jene, die unter großen Mühen und Opfern das Sakrament der Ehe leben. Für alle, die das Sakrament leben, obwohl sie unschuldig verlassen wurden, ist ein Hohn, vielleicht mitansehen zu müssen, wie geschiedene wiederverheiratete Paare hier einen Segen erhalten, der ihren Ehebruch quasi sakralisiert. Das ist nur ein Beispiel von vielen.
Es ist die Unklarheit und die Unschärfe im Handeln, möge sie auch aus bester Absicht entspringen, den Menschen etwas Gutes zu tun. Segnen – das heißt etwas Gutes auf einen Menschen herab sagen. Doch am Ende, wenn man in Ehrlichkeit und Redlichkeit bis zum Ende denkt, wird aus Sicht Menschen, Teilnehmer wie Zuschauer, in Fällen einer irregulären Lebenssituation unterm Strich eben doch diese in einem solchen Gottesdienst gesegnet.
Und da erweist die Kirche in konkreter Gestalt der Handelnden Priester oder Laien den Betroffenen doch einen Bärendienst, weil sie jene um die Wahrheit betrügt, auf die diese einen Anspruch hätten. Der Anspruch auf die Wahrheit besteht auch dann, wenn die Wahrheit weh tut.
Kann man wirklich jeden segnen? Oder sollte man doch zurückhaltender sein?