Ein Bistumsmanager in deutschkatholischer Schnappatmung. Der Brief von Erzbischof Gadecki blieb nicht ohne Echo, auch wenn die eigentlichen Adressaten des Briefes schweigen. 
Dom Essen — Foto: Gryffindor – Wikimedia/Gemeinfrei

Die Worte aus Polen waren deutlich. Eine klare Absage an alle Lieblingsprojekte der Deutschkatholischen. Frauenweihe? Nö! Zölibat weg? Nö! Ehe für alle in allen Formationen? Nö! Abschaffung des sechsten Gebots im kirchlichen Arbeitsrecht? Nö! Das eindeutige Postulat des Vorsitzenden der polnischen Bischofskonferenz ließ, von höflichen Anreden abgesehen, jegliche diplomatische Verklausulierung vermissen. Fast ist man geneigt, Erzbischof Gadecki zum Westfalen h.c. zu ernennen. So muss das.

Weltweites Lehramt

Die Initiative Neuer Anfang hat übrigens weltweit tausende Bischöfe angeschrieben, um Unterstützung gebeten und auf deren gemeinsames Lehramt cum Petro et sub Petro hingewiesen. Aus dem Vatikan ist außer der einen oder anderen Notbremse derzeit nicht mehr viel zu erwarten. Deutsche Bischöfe, die den Vatikan aufsuchen fühlen sich regelmäßig ermutigt. Die jüngste Vatikanische Tagung zum Priestertum zeigte jedoch mehr als eindeutig, in welche Richtung es weltkirchlich nicht gehen wird. Deutschkatholisch wird man in Rom auch in Fragen des Priestertums (Frauenweihe und Zölibatsabschaffung) nicht werden. Rom liegt eindeutig näher an Warschau als an Bonn. Doch eben dort herrscht eisiges Schweigen. Wer nur noch ein Minimum an Gefühl für den katholischen Glauben hat, kann wissen, dass der polnische Erzbischof den deutschen synodalen Weg von DBK und „ZdK“ im Handstreich abgeräumt hat.

Fast schon erwartbar war, dass eine Reaktion kommen wird. Sie kam aus Essen. Sie hätte auch aus einer anderen deutschen Diözesanstadt kommen können. Dass es nun gerade der smarte Bistumsmanager Klaus Pfeffer sein würde, der für den deutschen synodalen Weg in die Bresche springen würde, war nicht unbedingt selbstverständlich, doch in sich konsequent. Klaus Pfeffer hatte seine Vorstellung einer Kirche der Zukunft von etlichen Jahren schon aufgeschrieben. Und ja, was sich so manch einer auf dem synodalen Weg vorstellt, lässt sich damit durchaus zur Deckung bringen. Was ich von einer Pfeffer- Kirche halte, hatte ich damals ebenfalls geschrieben.

Was erlaube?

Tatsächlich drängte sich bei der Formulierung, der Duktus des Briefes sei von einem platten und hochklerikalen Antimodernismus geprägt, der den Katholiken hierzulande einen „Minderwertigkeitskomplex“ andichte und ihnen unterstelle, sich von der Grundlage des Evangeliums zu entfernen, ein leichtes Kribbeln in die Kehle. Das Kichern ließ sich kaum unterdrücken. Was erlaube Gadecki?

Um im Trappatoniduktus zu verbleiben: die deutsche Kirche verhält sich lehrmäßig wie die berühmte Flasche leer.

Eine altbekannte Feindschaft

Der Brief von Gadecki nimmt sich die umstrittenen Punkte im Einzelnen vor und referiert die Lehre der Kirche nicht nur, sondern unterfüttert sie auch mit– zum Teil verbindlichen – Aussagen des Lehramtes. Pfeffer hingegen geht auf der Argumentenebene gar nicht auf Gadecki ein. Der Facebookbeitrag, der es sogar in den Rang einer Meldung in der linkskatholischen Filterbubble geschafft hat, bleibt auf einer Gefühlsebene, die die alte Feindschaft bestimmter deutschkirchlicher Kreise gegen den Heiligen Johannes Paul II. pflegt.

Auch wenn der Facebookbeitrag und das nachrichtliche Aufblasen desselben nicht weiter von Belang sind, so liegt hier dennoch ein Beispiel vor, wie sich die Kirche in Deutschland zu Gunsten einer vorgeblichen Wissenschaftlichkeit von ihren eigenen lehrmäßigen Wurzeln entfernt. Dabei geht es nun wahrlich nicht darum, einen Dialog zwischen Theologie und Sozial- oder Naturwissenschaften zu verhindern. Aber – um nur ein Beispiel zu nennen – gilt ja im Augenblick als Dogma, bestimmte Formen der Sexualität neu zu bewerten. Das wiederrum ist nur ein Synonym für „künftig wertschätzen“. Diesem Urteil liegt eine temporär bevorzugte Sichtweise auf bestimmte sexuelle Orientierungen und Verhaltensweise zu Grunde, die nicht zuletzt auf massiver Lobbyarbeit beruht.

Falsches Wissenschaftsbild

Die Frage ist, was sein wird, wenn die Wissenschaft alle fünf Jahren zu neuen Bewertungen kommt? Wird dann auch der Katechismus im Fünfjahresrhythmus geändert? Und wenn sich nach zwanzig oder dreißig Jahren Forschung herausstellt, dass die Kirche doch richtig lag? Wird dann der alte Katechismus wiederhergestellt?

Ein gesunder Dialog mit der säkularen Wissenschaft kann eigentlich nur von einer festen lehramtlichen Position aus erfolgen. Eine Relativierung der lehramtlichen Position beispielsweise durch eine Überbewertung der Zeichen der Zeit führt in einen unendlichen Relativismus. Nun sind die lehramtlichen Festlegungen ja nicht aus einem Nichts der Laune einer klerikalen Kaste hervorgekrochen, vielmehr ist ihnen ein langer Zeitraum geistlicher Vergewisserung voraus gegangen, der zu einer verbindlichen Entscheidung geführt hat.

Im Falle der sakramentalen Priesterweihe nun einer bestimmten Form des Feminismus nachzugeben, führt nur in die nächste Falle, nämlich der Genderideologie. So geht es weiter, bis man – Maria 2.0 war da schon recht deutlich – das Priestertum insgesamt soweit relativiert hat, dass es obsolet geworden ist. Man sieht, wie sehr der Zeitgeist seine Anhänger mit seiner stetigen und beliebigen Wandelbarkeit betrügt.

Egal wie heftig die Schnappatmung ausfällt, die deutschkatholischen Träumereien werden weltkirchlich keinen Bestand haben. Was Klaus Pfeffer als einen Brief aus der Vergangenheit ansieht, ist in Wirklichkeit nichts als ein Blick in die Zukunft der Kirche, die garantiert nicht deutschkatholisch sein wird.