Gut gedacht ist zumeist der Feind von gut gemacht. Möglicherweise muß dies nun auch der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, lernen. Am Fronleichnamsfest hatte man vor dem Kölner Dom ein Flüchtlingsboot, welches man auf Malta käuflich erworben hatte, aufgebaut und zu einem Altar umbauen lassen. Man hatte sich die Show etwas kosten lassen.
Erwartungsgemäß wurde diese Aktion unter anderem als populistisch kritisiert. Eine unzulässige Politisierung des Fronleichnamsfestes wurde angeprangert. Es hagelte Kritik von allen Seiten.
Der Altar ist schließlich nicht irgendein zeitgeistiges Spielzeug für populistische Aktionen. Der Altar ist Mittelpunkt und Ereignisort der Liturgie. Der Altar repräsentiert Christus und ist zugleich der Ort auf dem sich das Opfer Christi in der Gegenwart ereignet. Den Altar zu politisieren ist ein übles Stück liturgischen Fehlverhaltens. Das wurde schon im Vorfeld angeprangert.
Dabei war es diesmal gar nicht so, daß nur ein vermeintlich konservatives Lager einen vermeintlich liberalen Erzbischof abwatschte. Die Überdehnung und Umdeutung der Symbole ging dann auch Seit an Seit mit der Botschaft, die der Kardinal zu verkünden hatte.
Selbst der Welt wurde es unbehaglich, als der Kardinal mit frömmelnder Formulierung ohne Tiefgang die Kanzlerin im Schlepperboot links zu überholen versuchte:
Warum? Weil, so Woelki, „Jesus heute in einem Flüchtlingsboot säße“, das damit „zu einem Ort der Gegenwart Gottes“ würde. Na ja, ein bisschen weit hergeholt, aber bitte. [Quelle.]
Das ist wirklich ein bißchen arg weit hergeholt. Es geht an Fronleichnam um die reale Gegenwart Jesu im Sakrament. Es ist der Tag, an dem die Kirche den Gründonnerstag, der ja in der Fastenzeit nicht mit einem fröhlichen Fest begangen werden kann, in der frühen nachösterlichen Zeit noch einmal nachklingen läßt. Die Boote krimineller Schlepperbanden nun zu Orten der Gegenwart Christi zu machen, quasi zur Monstranz umzudeuten, ist mehr als nur ein wenig verquast.
Geradezu atemberaubend wird es allerdings, wenn Woelki mit schwerer Keule auf die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung einschlägt und das Abkommen mit der Türkei zur Rücknahme von Flüchtlingen als „infam“ bezeichnet. [Quelle.]
Spätestens hier begibt sich der Kardinal auf denkbar glattes Eis. Es gibt wahrlich genug Gründe, das Abkommen mit der Türkei zu kritisieren. Immerhin wird hier das, was die Gemeinschaft der europäischen Staaten vergeigt hat, auf die Türkei abgeschoben. Es ist nicht nur ein glattes Eis, auf dem der Kardinal geht, es ist auch noch lausig dünn.
Am Ende geht es nämlich der Kirche selbst an den Kragen, wenn sie sich in unzulässiger Weise politisiert. Noch einmal Hildegard Stausberg in der Welt:
Ich habe es bisher als wohltuend empfunden, dass meine Kirche sich in der Vergangenheit nicht so hat politisieren lassen wie die evangelische. Aber das scheint sich nun zu ändern. Der Katholikentag in Leipzig war ein guter Beweis dafür: politische Prominenz ohne Ende, bei immer geringer werdenden Teilnehmerzahlen. [Quelle.]
Das kommt nämlich am Ende dabei heraus. Eine weitere Gruppe politschwafler und trügen sie auch ein frommes Gewand braucht niemand. Zudem, das sei dem Kardinal hier einmal ins Stammbuch geschrieben:
Politik ist Weltdienst der Laien!
Für Priester, Bischöfe, Kardinäle und auch den Papst gilt: Finger weg! Das ist unser Metier. Als selbstbewußte Laien, als mündige Christen sollten wir uns dies von unseren geistlichen Hirten nicht aus der Hand nehmen lassen.
Es ist der Dienst der Hirten, den Gläubigen die geistliche Stärkung zukommen zu lassen, damit sie erkennen können, wie sie die politischen Fragen in rechter Weise entscheiden. Das Evangelium ist Richtschnur, die Lehre der Kirche und das Naturrecht zeigen den Weg. Dabei ist dann auch Fronleichnam keineswegs unpolitisch.Es ist der Tag, an dem auch Herrscher das Knie beugen (sollten). [N.B.: katholische Könige hatten kein Problem damit das Knie vor dem Allerheiligsten zu beugen, katholische oder sich katholisch gebende Demokraten tun sich zunehmend schwerer damit.] Der wahre Herrscher dieser Welt soll Christus sein. Darum wird er an diesem Tag der ganzen Welt gezeigt. Kaiser, Könige, Präsidenten, Kanzler, Abgeordnete und alle, die sonst noch meinen, die Macht läge in ihren Händen, werden an diesem Tage eines besseren belehrt. Ihre Macht ist Macht auf Zeit. Seine Macht ist Macht in Ewigkeit. Das Zeichen dafür ist ein geradezu winzig kleines Stückchen Brot, das niemanden körperlich zu sättigen vermag. Jesus ist eben nicht der Brotkönig, als den ihn die Massen am Ende gerne sehen wollte. Er ist der, der für uns und unsere Sünden ans Kreuz ging und uns erlöst hat. Unter diesem Zeichen findet die Welt ihr Heil. Dieses Zeichen ist es, was uns am Fronleichnamstag gezeigt wird und welches uns Wegweisung hier in der Welt sein soll.
Und aus den Worten dessen, der uns hier gezeigt wird, läßt sich sehr wohl ein politischer Auftrag ableiten: Was Du dem geringsten meiner Brüder getan hast, das hast Du mir getan.
Ein solcher Satz von größter Klarheit, der keine Fragen offen läßt, entzieht sich von selber jeglicher populistisch-mainstreampolitischen Funktionalisierung der Botschaft.
Wenn wir uns fragen, warum Menschen sich in Nußschalen auf den Weg über das Mittelmeer machen, dann ist die konkrete Nothilfe natürlich Gebot der Stunde.Es ist mir zu flach, wenn dann aus München ein Gegrummel erschallt, die Außengrenzen Europas dürften keine Todesgrenzen sein. Das ist platt und führt nicht weiter.
Die Fragen müssen tiefer gehen. Die Antworten müssen klarer sein.
Warum, so frage ich mich, muß es ein Dalai Lama sein, der den unangenehmen schmerzvollen Stachel ins gutmenschliche Fleisch unseres Landes stößt. Wäre es nicht die Aufgabe unserer Hirten, derart unangenehme Fragen zu stellen? Traut man sich wirklich nicht mehr, Regierenden, die sich weigern vor Christus das Knie zu beugen, als Bischof die Stirn zu bieten?
Es gilt mit aller Kraft die Ursachen von Vertreibung, Verfolgung und Flucht zu bekämpfen.
Dann und wirklich erst dann haben wir den Brüdern unseres Herrn wirklich einen angemessenen Dienst erwiesen.