Mit Vollgas weiter in der Dystopie. Das geplante Infektionsschutzgesetz verleitet zwingend zur Paarung der Glosse mit gut abgehangenem Zynismus. Als wäre eine Krise nicht genug, wir haben mehrere zur Auswahl.
Blick über den Main in Würzburg. Mit einem Glas Wein lässt es sich aushalten – auch in der Dystopie. — Foto: PW

Sie sind bei Vollmond unter einem Mistelzweig an einen ungeraden Tag getestet? Dann dürfen Sie für heute ohne Maske in unserem Hause speisen. Ein Joke? Nö, so ähnlich sonderbar liest sich der Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz, dass uns mit Winterreifen fesseln und mit Schneeketten knebeln soll. Angesichts jeder – seit Beginn der Pandemie – fehlenden Logik verwundert es nicht, dass man sich mit einem Glückspiel der Maskenpflicht entziehen kann. Mit den derzeit gängigen Coronaimpfstoffen wird weder eine sterile Immunität noch ein hinreichender Schutz vor einer Infektion erzielt. Ist diese wirkungslose Impfung jünger als drei Monate: Glück gehabt. Keine Maske. Nach 90 bis 92 Tage je nach betroffenen Monaten, der Kalender hat eine entscheidendere Wirkung auf den Schutz als das Vakzin, muss man sich wieder verhüllen oder nachfüllen. Man kann sich auch testen. Am Roulette – Tisch würde man zwar per rollender Kugel sicherer ermitteln, ob eine Infektion vorliegt, da die Tests in ihrer Zuverlässigkeit knapp unterhalb Ihres wöchentlichen Lottoscheins liegen, aber gleichwohl: Es gilt der Test, weder der Croupier des Vertrauens noch die örtliche Lottoannahmestelle befreien von der Maske.

Wer allein ist kann stinken

Und wenn alles schlimmer kommt, dann kann alles Makkulatur sein und wenn alles noch viel schlimmer kommt, dann stellt der Deutsche Bundestag eine epidemische Notlage von nationaler Tragweite fest und dann darf man uns auch gleich wieder ganz einsperren. Bitte in der absoluten Isolation nicht vergessen: Hände regelmäßig waschen aber aus Energiespargründen bitte auf das Duschen verzichten. Wer allein ist kann auch stinken.

Auf Twitter stolpert man über den Hashtag #Kartoffelvirus. In der Tat, der deutschenphobische Ausdruck „Kartoffel“ (früher „Kraut“) geprägt von einer Bundesbeauftragten für Diskriminierung der schon länger hier wohnenden diskriminiert auch das Virus, das somit zu einem „Virus teutonicus“ wird. Leider trifft der Begriff zu. Rund um unsere Bundesgrenzen leben Völker, deren Regierungen beschlossen haben, dass man ein Virus nicht politisch bekämpfen kann. Eigenverantwortung heißt das Böse Wort. Der gewöhnlichen Kartoffel ist diese nicht zuzumuten. Daher schützt man uns per Gesetz vor eben der Infektion, die nun auch den vierfach geimpften stets maskierten Bundesgesundheitsminister voll betroffen gemacht hat.

Merke: Auch eine geimpfte Kartoffel ist eine Kartoffel. Auch ein Kartoffelminister gibt sein Kartoffel – sein nicht auf und bleibt für Kartoffelviren anfällig. Evidenzbasierte Maßnahmen gegen Kartoffelviren kennen wir sowieso nicht. Evidenz ist was für Querdenker. Pfft!

Viren halten sich nicht an staatliche Gesetze

So wird es denn, sollte neben dem Justizminister auch ein hinreichend großer Rest der einst liberalen FDP umfallen, im September dazu kommen, dass ein sogenanntes Infektionsschutzgesetz verabschiedet werden wird, das zwar niemanden vor einer Infektion schützen wird, da sich Viren nun einmal nicht an staatliche Rechtsnormen sondern nur an Naturgesetze gebunden fühlen, aber die Bürger dieses Landes in eine infantil geframte Unfreiheit führen wird. Es ist schwer, diesen Akt wirklich ernst zu nehmen, da die sicher hart geführten Verhandlungen eine Absurdität von kartoffeligen Ausmaßen hervorgebracht haben.

Es ist umso schwerer, dies ganze ernst zu nehmen, da wir seit nunmehr über zwei Jahren Pandemiepolitik gestählt – wie einst in seliger DDR- Zeiten – jeder seine Nische gefunden hat. Man sitzt es aus. Kino? Wenn es ohne x G – Regel (für x gilt, x ist Element {1,2,3}) geht, warum nicht. Kino mit Maulkorb – vergiss es! Shoppen? Ja, das Internet ist groß. Kneipe? Wenn man ohne den Nachweis kultischer Reinheit eingelassen wird oder gerade zufällig das derzeit geltende Reinheitsgebot erfüllt? Klar. Ansonsten übt man sich in Verzicht. Die Betreiber von Restaurants, Einzelhandelsgeschäften, Kinos, Theatern u.v.a.m. bekommen schon jetzt wieder das Gruseln, denn angesichts der Energiekrise ist ohnehin damit zu rechnen, dass Konsum-, Kultur- und Freizeitverzicht den Winter prägen werden.

Von einer Krise in die nächste

Wie man sieht, setzt die Ampel die Tradition der Vorgängerregierung fort und beginnt die neue Krise immer dann, wenn die alte Krise zu erlöschen droht. Nichtsdestotrotz hält man an der alten Krise sicherheitshalber fest. Eine Krise, die man hat, die hat man. Und wer will denn die Existenz von Viren bestreiten? So gehen wir in den dritten Pandemiewinter, der zugleich der erste Energiekrisenwinter ist, in dem sich trotz globaler Erwärmung (=Klimakrise) die Einrichtung von Wärmestuben nicht verhindern lassen wird. Merke, auch wenn es die Logik geböte, Krisen neutralisieren sich nicht. Leider ist noch niemand auf die Idee gekommen, einen Teil der Bevölkerung im Winter einfach in wärmere Regionen zu migrieren. Man müsste mal ausrechnen, ob die Energiebilanz einiger (gerade ohnehin stillgelegter) A380, die einen Teil der Bevölkerung ausfliegen, nicht günstiger wäre, als deren Wohnungen im Winter zu heizen. Da würde Putin aber blöd dreinschauen, wenn wir plötzlich sein Gas wirklich nicht mehr bräuchten.

Wir bleiben also im Dauerkrisenmodus und wir bleiben im Zustand des zukunftsnegierenden Pessimismus, der es rechtfertigt, Hände – die zum Arbeiten ohnehin nicht zu gebrauchen sind – an Fahrbahnen festzukleben, deren Zustand ohnehin langsam so schlecht ist, dass niemand mehr darauf fahren will, der es nicht unbedingt muss. Pünktlich ist in diesem Land ohnehin niemand mehr. Die Verspätung ist die neue Tugend der #Kartoffel, weil man entweder mit der Bahn unterwegs ist (versteht jeder – 9€ – Ticket) oder sich jemand auf der Straße festgeklebt hat. Angesichts des herrschenden Fachkräftemangels ist kaum zu verstehen, warum man die jungen Leute nicht von der Straße löst, und in eine Lehrwerkstatt zur Ausbildung bringt, wo sie lernen würden, die man zwei Werkstoffe (z.B. Fleisch und Beton oder Fleisch und Bitumen) nachhaltiger miteinander verbindet. Vielleicht würde die nihilistische Generation Z, die man auch die letzten Kartoffeln nennen könnte, mehr Freude am Kleben entwickeln und vielleicht an einer sinnvollen Tätigkeit kleben bleiben.

Ohne Gas gehen wir durch den Winter

So werden wir also mit Maske, Klebstoff und ohne Gas in den Winter gehen. Atomkraftwerke bleiben an. Kohle wird wieder interessant. Frieren werden wir trotzdem. Auch die Kirchen werden wieder kühl bleiben. Man wird sehen, welche Temperaturen sich durchsetzen werden. Im zweiten Coronawinter hielt man im Erzbistum Paderborn ca. 15° C für angemessen. Im Bistum Rottenburg Stuttgart spricht man von 13°C im kommenden Winter und die Regensburger zeigen uns was eine Harke ist: 8°C! Als Nordlicht im Herzen geht jetzt der Blick nach Hamburg. Wo ist die Wikingertradition der Nordfriesen? Los, gebt es den Bajuwaren! Kühlt die Kirchen auf -10°C runter und geht im T-Shirt in die Messe. Behalt Dein Sch***-Gas, Wladi!

Und vielleicht kommt doch alles ganz anders. Das Gas reicht, weil wir nunmal von Natur aus genügsame Kartoffeln sind. Die FDP erleidet ein Déjà-vu und stimmt im Deutschen Bundestag für die Freiheit. Und die letzte Generation besinnt sich darauf, dass sie eigentlich nur einen Beruf ergreifen, arbeiten, heiraten und Kinder kriegen müssen, damit sie am Ende doch nicht die letzten Kartoffeln sind. Jaja, das ist bipolar und heterornormativ, aber so ist die Welt nun einmal in der Wirklichkeit jenseits all der schönen bunten grünrotregenbogenen Phantasien.

Alles wird gut – oder?

Bei allem Grundpessimismus, der sich rein organisch mit einem altersangemessenen Basiszynismus paart, sollte man die Hoffnung nie aufgeben, dass auf einem guten Boden am Ende doch wenigstens ein paar neue Kartoffeln wachsen und am Ende alles besser ist als am Anfang gedacht. Aber zugegeben: Die Chance ist derzeit sehr, sehr gering.