Wenn Bischöfe sprechen …
Man ignoriert ihre Worte oder man stößt sich an ihnen. Dazwischen ist nichts. Unsere Gesellschaft entfremdet sich zunehmend vom christlichen Glauben, der das Fundament unserer Geschichte und noch mehr unserer Kultur in Deutschland sowie in ganz Europa ist.
Bischöfe sind nicht nur die Hirten der Kirche, sie stehen einem Bistum vor und sind auch die obersten Lehrer der Katholiken ihrer Diözese. Aus diesem Grund sind die Predigten der Bischöfe zu den großen Festen Ostern, Weihnachten, Pfingsten und diözesanen Eigenfesten immer von herausragender Bedeutung. Zu diesen Festen feiert der Bischof ein Pontifikalamt im Dom seiner Bistumsstadt und legt das Evangelium zum Fest aus.
Diese Predigten werden über die Medien, die Internetseite des Bistums und auf anderen Wegen verbreitet. So kommen sie ab und zu auch denen zur Kenntnis, die nicht an dem Pontifikalamt teilgenommen haben. Natürlich richtet sich eine solche Predigt primär an die Anwesenden. Darüber hinaus sind natürlich alle Katholiken, insbesondere diejenigen aus dem betreffenden Bistum ebenfalls Adressaten der jeweiligen Predigten. Manch eine davon ist es wert, genauer gelesen, studiert und meditiert zu werden.
In ganz seltenen Fällen stoßen auch selbsternannte Humanisten mal auf eine bischöfliche Predigt. So geschehen mit der diesjährigen Osterpredigt von Bischof Heinz Josef Algermissen aus Fulda. Zielsicher identifizierte und indizierte man selbige als Haßpredigt. Es erstaunt ein wenig, da der Bischof, wie zu erwarten, zu keinerlei Gewalt oder ähnlichem aufgerufen hatte. Vielmehr ist Bischof Algermissen bekannt für seine oftmals apologetischen Predigten, in denen er den Glauben mit einer offensiven und dennoch sehr geistlichen Rhetorik gegen den Zeitgeist verteidigt.
Das zwickt schon mal. Es zwickt auch den Katholiken, wenn er sich darin ertappt sieht, nur allzu oberflächlich mit seinem eigenen Glauben umzugehen. Es zwickt die entlarvte Oberflächlichkeit. Predigten von Bischöfen an hohen Festen sind keine Missionspredigten, auch wenn sie durchaus missionarisch wirken können. Ziel der Predigt ist es der feiernden Gemeinde das Evangelium auszulegen.
Umso mehr erstaunt hier, wenn sich Außenstehende von der diesjährigen Osterpredigt angesprochen, provoziert oder beleidigt fühlen. Natürlich wird nicht die Predigt in ihrer Gesamtheit gewürdigt. Es werden Fetzen herausgerissen und nach eigenem Gutdünken interpretiert. Man stieß sich an der folgenden Formulierung:
„Der Mensch ohne Ostern lebt unter der gnadenlosen Devise: Was du bis zu deinem Tode nicht erreicht hast, das hast du verloren. Was du bis zur Stunde deines Sterbens nicht erjagt hast, das holst du nie mehr ein. Was du hier nicht zu Ende bringst, das verendet.
Der Mensch ohne Ostern wird darum zu einem großen Sicherheitsrisiko für die Mitwelt, denn seine Hektik und Daseinsangst lassen ihn blindwütig zuschlagen und zerstören.“
Dabei blieb völlig außer Acht, daß dies nur der zweite Teil einer Darstellung der Bedeutung von Ostern für den Menschen ist. Ostern, so sagte der Bischof vorher, definiere das Leben neu. Es befreie den Menschen von der Daseinshektik und der Gier nach Leben, die eine versteckte Lebensangst sei.
Ostern, das ist die endgültige Erlösung des Menschen durch den Sieg Christi über den Tod. Der Tod, dieses elende Damoklesschwert, welches über allem Leben schwebt, wurde durch das Leben selbst besiegt. Ohne Ostern, das die Kernaussage des Oberhirten von Fulda, fällt dieser Sieg fort und der Tod gewinnt wieder Macht über das Leben. Der Tod zwingt den Menschen unter die Knute seiner begrenzten Lebenszeit. Jede Perspektive findet ihren jähen Abriß in der Todesstunde. Und das führt den Bischof zu der Aussage, einer solcher Mensch ohne Ostern werde zum Sicherheitsrisiko für die Mitwelt.
Der Bischof führt die Konsequenzen aus. In einer Welt, die Ostern verbannt hat, wird der Mensch zur Verfügungsmasse für den Menschen. Weil eben alles in dieser kurzen Lebensspanne seinen Platz finden muß, muß nicht nur die Zeit, es muß auch der Mensch optimiert werden. Eingriffe in die menschliche Keimbahn, Aussonderung der Schwachen und Kranken sind die Folge.
Nichts an allem, was der Bischof dort gesprochen hat, läßt irgendeinen Haß erkennen. Schon allein das Unverständnis der vermeintlichen Humanisten, ein Sprechen über christliche Anthropologie („Der Mensch ohne Ostern …“) als ein Sprechen über einen oder mehrere konkrete Menschen anzusehen, ist dramatisch und zutiefst bedauerlich. Ostern ist das größte Geschenk an den Menschen, das wir uns überhaupt nur vorstellen können. Es ist aber auch die größte Aufgabe für uns wirklich österlich zu leben. Wo soll der Haß liegen, wenn man darauf hinweist, was dem Menschen passiert, der dieses Geschenk nicht als Gabe und Aufgabe anzunehmen bereit ist. Es liegt keine Drohung darin, es wird zu keiner anderen Tat aufgerufen, als eben österlich zu leben.
Der Bischof schließt seine Predigt:
„Ich weiß ganz sicher:
Ohne den Gekreuzigten und Auferstandenen gliche unser Dasein einer Frage ohne Antwort, einem Weg ohne Ziel, einem Gefängnis ohne Tür, einer Sehnsucht ohne Erfüllung.“
Und es stellt sich die Frage: Ist es nicht gerade die Angst derer, die nicht glauben können oder wollen, in genau dieser Dunkelheit gefangen zu sein?
Da ist kein Hass in dieser Osterpredigt.
Da ist nur eine große geistige Klarheit darüber, was es bedeuten würde, Ostern verbannen zu wollen, ganz verbannen zu wollen, wie es sich manche wünschen.
Und das ist wirklich eine Gefahr.
Die Predigt des Bischofs im Wortlaut findet sich hier.