Facepalm
Facepalm

Das jedenfalls ist das etwas überspitze Fazit eines Standpunktes am heutigen Tage auf dem offiziellen Portal der katholischen Kirche in Deutschland. Unter der Rubrik Standpunkt veröffentlicht das Portal täglich kurze, meinungsstarke Kommentare.

Unter dem Titel „Romantische, arme Kirche“ setzt sich der katholisch.de – Redakteur Björn Odendahl kritisch mit dem Armutspostulat von Papst Franziskus auseinander. Dabei hat er aus aktuellem Anlaß der Papstreise nach Afrika besonders die dortige Kirche vor Augen.

Die Kirche dort wachse, weil die Menschen sozial abgehängt seien und oft nichts anderes hätten als ihren Glauben, behauptet Odendahl. Sie wachse, fährt er fort, weil der Bildungsstand durchschnittlich auf einem niedrigeren Niveau sei und die Menschen einfache Antworten auf schwierige (Glaubens)fragen akzeptierten.

Das ist natürlich übelster polemischer Rassismus, den man in einer Redaktion in den Händen der katholischen Kirche nicht erwartet hätte. Um mal ganz unmißverständlich deutlich zu machen, geht der Kommentator davon aus, der Neger an sich sei ungebildet. Wham! Natürlich verwendet er das Unwort nicht. Schon klar. Man ist sich ja seines Sprachhandelns sehr bewußt. Aber auch ein politisch korrektes Sprachhandeln kann diffamieren und diskreditieren. Bräuchte es eines Beweises, hier liegt er vor.

Da soll noch mal einer sagen, ausgerechnet verbloggen verblöde. Es gibt offensichtlich auch noch andere Wege. Und es ist wirklich unterirdisch, wie diese Argumentationskette aufgebaut ist.

Schon allein der logische Bruch, daß wohl keine Organisation der Welt so viel Engagement in Bildung (und n.b. Gesundheit) in Afrika zeigt, wie die katholische Kirche, macht den Unfug deutlich. Zahlreiche – auch deutsche – Hilfswerke sind sehr engagiert darin, die katholische Kirche in Afrika darin zu unterstützen. Bildung und Ausbildung spielt im Engagement in Afrika eine wesentliche Rolle. Es wäre eine ausgewiesene Dummheit, in Bildung zu investieren, wenn man sich gerade mit dieser Bildung selbst das Wasser seines Kerngeschäftes, hier des Glaubens, abgräbt. Aber so ungebildet und naiv können selbst afrikanische Bischöfe nicht sein, zumal viele aus deren Reihen nämlich in Europa studiert haben und mit europäischen Verhältnissen sehr wohl vertraut sind.

Des Pudels Kern enttarnt sich am Ende des Standpunktes. Ein Plädoyer für den jüngst von Papst Franziskus kritisierten Strukturüberhang der katholischen Kirche in Deutschland. Da erst wird die eigentliche Stoßrichtung deutlich. Die intellektuelle, reiche, strukturell starke Kirche in Deutschland verfügt zwar über zahlreiche sehr wertzuschätzende Werke und Einrichtungen, zeichnet sich dagegen aber durch einen Glaubensmangel aus. Den Glauben der afrikanischen Katholiken in seiner Kraft und Stärke dann allein auf die wirtschaftliche und soziale Schwäche großer Teile der afrikanischen Bevölkerung zurück zu führen, ist dreist. Es ist zudem noch überheblich. Denn eines dürfte wohl klar sein, nach 40 Jahren ausgefallener Katechese in Deutschland gehe ich davon aus, daß es ein afrikanischer Katholik, der seinen Glauben stark und bewußt lebt, in Sachen Glaubenswissen durchaus mit jedem deutschen vermeintlich achso gebildeten Katholiken aufnehmen kann. Aber das wird ja als naiv und einfache Antworten akzeptierend abgekanzelt. Bei afrikanischen Firmbewerbern gehe ich davon aus, daß man ihnen die Grundgebete nicht erst noch beibringen muß. In Deutschland ist das der Normalfall.

Die hochnäsige Bewertung der Kirche in Afrika gipfelt in Aussagen ausgerechnet über Kardinal Sarah, der einer der führenden Intellektuellen auf dem afrikanischen Kontinent ist. Kardinal Sarah hält der westlichen Welt und der katholischen Kirche hier einen Spiegel vor, der schon schmerzen kann. „Aua“ schreien ist erlaubt, denn es tut weh, was der Kardinal uns ins Stammbuch schreibt. Dem Kardinal den Vorwurf zu machen, einfache Antworten zu geben, ist schlicht absurd.

Daß Afrikaner natürlich nur um des sozialen Aufstiegs willen Priester werden, muß nicht weiter kommentiert werden. Da hat wohl einer zu viel Neckermannbarock in deutschen Pfarrhäusern geschnuppert und keine Ahnung, unter welchen Verhältnissen afrikanische Priester nicht selten leben. Der ganze Kommentar hat irgendwie doch das G’schmäckle eines Meinungskolonialismus.

Der vorliegende Standpunkt ist ein Musterbeispiel für die Verteidigung des Apparates, dem natürlich eine Tendenz zum Selbsterhalt innewohnt. Würden die deutschen Bischöfe die Worte des Papstes nämlich ernst nehmen, was ja nicht völlig auszuschließen ist, gehörte ein Portal wie katholisch.de neben vielem anderen durchaus auf den Prüfstand einer kritischen Untersuchung.