Wie zeitgemäß ist eigentlich der öffentlich- rechtliche Rundfunk noch? Angesichts von Zwangsgebühren, politischer Einseitigkeit, immer seichter werdendem Programm und einem unnötigen Schielen auf die Quote, stellt sich die Frage nach dem Sinn dieses Systems.
Auf Einladung von Prof. Wolfgang Ockenfels fanden sich rund 200 Gäste in Bonn zu einem Kolloquium ein, um dieser Frage nachzugehen. Veranstalter war das Institut für Gesellschaftswissenschaften – Walberberg, das sich zur Aufgabe gemacht hat, durch Veröffentlichungen, Vorträge, Veranstaltungen, Kurse und Expertengespräche auch in Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Personen des In- und Auslandes gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftliche Zusammenhänge des Gemeinwesens zu erforschen und damit zur Vertiefung und Weiterentwicklung der Katholische Soziallehre beizutragen.
Als Referenten waren der langjährige DLF- Redakteur Jürgen Liminski, der frühere FAZ- Herausgeber Dr. Hugo Müller- Vogg und der Journalist und Blogger Dr. Nikolaus Fest geladen. Die Veranstaltung wurde von Prof. Wolfgang Spindler moderiert.
Den Auftakt machte Jürgen Liminski mit seinem Referat über die Situation des öffentlich- rechtlichen Rundfunks anhand des DLF. Darin beklagte er die politische Unausgewogenheit in der Redaktion. Von 17 Moderatoren seien gerade einmal vier nicht im rot-rot.grünen Lager zu verorten. Man höre das insebsondere bei der Auswahl der Interviewpartner. Als praktisches Beispiel nannte der Journalist familienpolitische Themen. Während 80% der Menschen im Land in normalen Familien lebten, hielten sich die Journalisten mehrheitlich in familiären Sonderwelten auf. Diese seien aber für ihre Berichterstattung normativ. Die Diskrepanz zwischen öffentlicher Meinung und veröffentlichter Meinung werde hier ganz besonders deutlich. Eigentlich, so Liminski, bräuchten wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber nicht so.
Es folgte Hugo Müller-Vogg mit seiner Sicht aus der Perspektive der privaten Zeitungen. Besonders das gebührenfinanzierte Online- Angebot der öffentlich-rechtlichen Medien nahm er in den Fokus. Es sei eine unzulässige Konkurrenz, mit den Zwangsgebühren ein solches Angebot aufzustellen. Der ehemalige FAZ- Herausgeber kritisierte ebenfalls die politisch einseitig links Ausrichtung der Journalisten in den öffentlich-rechtlichen Medien. So sei es diesen gelungen bei allen Einwanderern nur noch von Flüchtlingen zu sprechen. Es werde nicht differenziert zwischen Asylbewerbern, Wirtschaftsmigranten und Schutzbedürftigen im Sinne des Völkerrechts.
Ferner kritisierte Müller- Vogg die Überheblichkeit der Journalisten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegenüber der Politik. Man schüre Politikverdrossenheit und Neid. Die 200.000 € Gehalt der Bundeskanzlerin werden skandalisiert. Daß ein Redakteur wie Claus Kleber 800.000 € erhält, sei natürlich keiner Erwähnung wert.
Den Reigen der Referate schloß Nikolaus Fest mit einem für alle Zuhörer erstaunlichen Vorschlag ab. Er forderte das Ende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Stattdessen solle es einen steuerfinanzierten Staatsfunk geben. Der Vorteil dieser Lösung liege, so der Journalist und Blogger in der politischen Verantwortung, die z.B. der Kultusminister eines Landes wahrnehme. Dieser müsse sich spätestens bei der nächsten Wahl für das Programm und die dafür aufgewandten Steuergelder rechtfertigen. Staatsfunk sei in einer freiheitlichen Demokratie noch nie ausprobiert worden. Bislang sei ein solches Konzept totalitären Staatsformen vorbehalten gewesen.
Kritik übte der frühere Bild am Sonntag – Redakteur auch am kulturellen Programm der öffentlich-rechtlichen Sender. So habe es zum 400. Todestag Shakespeares nicht eine einzige Sendung in den öffentlich-rechtlichen Programmen gegeben. Klassiker deutscher oder europäischer Theaterliteratur suche man vergebens in einem Programm der Sender.
Nach den Vorträgen folgte eine engagierte Diskussion mit einem sehr interessierten und informierten Publikum. Als Fazit der Veranstaltung kann man eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem derzeitigen öffentlich-rechtlichen System feststellen. Politische Einseitigkeit, Verschwendung von Gebühren, die neuerdings Beiträge heißen, aber auch Kritik an einer unzureichenden Erfüllung des Auftrags die Grundversorgung mit Rundfunk- und Fernsehen zur Verfügung zu stellen, prägte die Veranstaltung.
Uneins war man sich, ob Sportübertragungen zur Grundversorgung gehören oder nicht. Überzogene Lizenzgebühren für derartige Übertragungen, da war man sich weitestgehend einig, seien allerdings nicht mit diesem Auftrag zu vereinbaren. Aspekte wie fehlende politische Bildung, zu wenig Kulturprogramm und intransparente Kostenstrukturen waren ebenfalls Kritikpunkte. In seinem abschließenden Resümee stellte Prof. Ockenfels fest, es gebe, das habe die Diskussion hier gezeigt, drei grundsätzlich denkbare Modelle für den Rundfunk. Zum einen den Staatsfunk, zum anderen den privaten Funk, der den Gesetzen des Marktes zu gehorchen habe und den öffentlich-rechtlichen, der einen Mittelweg darstelle. Keiner der Anwesenden habe die ultimative Lösung für die schwierige Frage, wie die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aussehen werde. Die sich durch neue Techniken verändernde Medienlandschaft mache allerdings ein weiteres Nachdenken unbedingt nötig.