Erzbischof Becker will sich um sich selber kümmern

Ende einer Zeit als Erzbischof. Die vergangenen zwanzig Jahre sind eine Epoche des kirchlichen Niedergangs. In Paderborn geschah dies weit mehr als im Bundesdurchschnitt.
Hans-Josef Becker – ehemaliger Erzbischof von Paderborn

Da geht er hin und will sich nun um seine Gesundheit kümmern, wie er selber auf der Internetseite des Bistums bekannt gab. Erzbischof Hans- Josef Becker ist seit dem 1. Oktober emeritierter Erzbischof von Paderborn. Zwanzig Jahre lang war Becker Erzbischof in dem noch bei seinem Amtsantritt als konservativ geltenden Bistum. Die Steigerung von schwarz lautete damals noch schwarz – Münster – Paderborn. In Paderborn, so wurde kolportiert gebe es nur zwei Zustände: Entweder es regnet oder es läuten die Glocken. Tritt beides zusammen auf, ist Sonntag. In der Tat verstand das westfälische Erzbistum unter dem Vorgänger des jetzigen Emeritus, Johannes Joachim Kardinal Degenhard, den Eindruck zu erwecken, vieles sei hier noch etwas mehr in Ordnung. Das Sauerland und das Hochstift sorgten für satte Kirchenbesucherzahlen und bis in die späten 80er – Jahre des vergangenen Jahrhunderts weihte der Erzbischof von Paderborn jährlich 30 und mehr Priester. Böse Zungen behaupteten schon damals, in Paderborn werde alles geweiht, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Heute hat das Erzbistum noch etwas über 60 Stellen für Pfarrer und es sei mühsam, hört man von Insidern, diese Stellen zu besetzen. Masse war schon damals nicht gleich Klasse. Heutige Weihezahlen liegen bei zwei bis drei Neupriestern pro Jahr, was immer noch mehr ist als in andere Bistümern.

Der Niedergang

Es war also auch 2003 als nach einem Jahr Sedisvakanz der Diözesanadministrator Becker zum Erzbischof Becker wurde, schon ein gewisser Niedergang zu spüren. In einer ersten Runde hatte noch Kardinal Degenhard die sogenannten Pastoralverbünde eingeführt und damit gezeigt, dass das Erzbistum längst reformbedürftig ist. Mit Erzbischof Becker begann die Zeit der Zukunftsbilder oder wie auch immer die in immer kürzerer Frequenz stattfindenden Pastoralprozesse genannt wurden. Der Erzbischof selber, der mal äußerst jovial und zuweilen auch recht mürrisch auftrat, bezeichnete sich selber als konservativ, sah es jedoch als seine Aufgabe an, das immer weiter auseinander driftende Bistum zusammen zu halten. Dass dies ein wenig erfolgreiches Unterfangen war, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass auch Paderborn nicht vor Maria 2.0 oder Out in Church verschont blieb. Der synodale Weg von DBK und „ZdK“, ein rechtlich unbedeutender Prozess, der massiven populistischen Druck auf Bischöfe aufzubauen weiß, ging auch an Paderborn nicht vorbei. Immer wieder kolportierten Priester und Laien, der Erzbischof habe sich im persönlichen Gespräch äußerst kritisch dazu eingelassen, in Predigten bezeichnete der jetzt emeritierte Erzbischof den umstrittenen synodale Weg als alternativlos.

Juveniler Bischof gesucht

Als Begründung für seinen vorzeitigen Rücktritt gab der Ex- Erzbischof an, es sei an der Zeit, das Bistum in jüngere Hände zu legen. Juvenil zu sein ist jedoch in der Kirche nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal. Vielmehr setzt man gerade bei Bischöfen auf Reife, Erfahrung und Rechtgläubigkeit. Dass gerade letzteres in Deutschland im Episkopat eher die Ausnahme ist, dürfte schon lange kein Geheimnis mehr sein. Für Paderborn kommt eine völlig neue Erfahrung hinzu. Erstmals seit dem Wormser Konkordat vor 900 Jahren soll die Laieninvestitur wieder eingeführt werden. Das Metropolitankapitel, das aus 14 Priestern besteht, hat 14 teilweise per Lotterie bestimmte Laien dazu auserwählt ihnen bei der Wahl des neuen Erzbischofs behilflich zu sein. An der Legitimität der Bischofswahl darf schon mal gezweifelt werden, sollten tatsächlich die Laien mitwählen dürfen und das Metropolitankapitel in einem Akt der Selbstbindung die Mehrheitsverhältnisse der Laien ohne eine eigene Mehrheitsfindung nachbilden. Ein Profil hat man schon mal erstellt. Unter allem, was der künftige Erzbischof sein soll, ist Rechtgläubigkeit vorsichtshalber mal nicht erwähnt.

Der Heilige Liborius

Der künftige Erzbischof ist Erzbischof, wenn ihn der Papst ernannt hat, insofern wird im Falle einer Ernennung durch den Papst der Erzbischöfliche Stuhl in Paderborn besetzt sein. Dennoch kann das Procedere der Wahl möglicherweise als illegitim betrachtet werden. Man wird abwarten müssen, wie sich der Heilige Stuhl positionieren wird. Ohnehin wird es eine sehr spannende Entwicklung werden, denn das „alte“, das schwarze Paderborn existiert durchaus noch. Sowohl im Metropolitankapitel als auch im Erzbistum selbst gibt es konservative Priester. Auch unter den Laien gibt es genügend, die die Entwicklung der letzten zwanzig Jahre mit sehr großer Sorge beobachtet haben. Es gibt aber auch die selbsternannten Kirchenreformer, die es überall in Deutschland gibt und sie sind auf allen Ebenen des Bistums unter den Priestern und Laien zu finden. Bislang war es vor allem das Liborifest und der Bistumspatron Liborius von LeMans, der den auseinander driftenden Fraktionen das letzte einende Lagerfeuer gab. Die vorkonziliare lateinische Liborivesper sangen auch ultramoderne Priester aus voller Kehle mit. Die abnehmende Anzahl an Priestern an der Liborivesper gab allerdings auch in den letzten Jahren schon zu denken. Von Jahr zu Jahr wurde die Prozession kürzer und während vor zwanzig Jahren nur Priester des Erzbistums Paderborn und ausgewählte Ehrengäste in den extrem eng mit Klappstühlen bestellten Hochchor des Domes durften, nahm die Anzahl der priesterlichen Teilnehmer an der feierlichen Erhebung des Liborischreins von Jahr zu Jahr immer weiter ab.

Bleibt Paderborn katholisch?

Geht man von der Ausgangssituation des Erzbistums Paderborn vor zwanzig Jahren aus, so kann man leider nur feststellen, dass das Erzbistum Paderborn in den letzten beiden Jahrzehnten an Verfall mit anderen Bistümern gleichgezogen oder sie sogar überholt hat. Wer die Statistiken der DBK ansieht, findet eine Halbierung der Taufen und Erstkommunionen, eine Drittelung der Trauungen, einen Rückgang der sonntäglichen Kirchbesucherzahlen von 16,5 % auf 3,5 % im Erzbistum Paderborn. Außer bei der Abnahme der Trauungen hat das Erzbistum Paderborn in den letzten 20 Jahren auf allen Feldern einen stärkeren Verfall hingelegt als der Durchschnitt der Bistümer in Deutschland. Auch wenn man das nicht allein dem Bischof zuschreiben kann, so kann man diese Tendenzen auch nicht ohne das Wirken des Bischofs beurteilen. Dies ist die Ausgangssituation, in der zudem die derzeitige sogenannte Paderborner „Bistumsleitung“ die umstrittenen Entscheidungen des sogenannten synodalen Weges vorauseilend und mit Riesenschritten umsetzt. Ob das Bistum in zehn oder in zwanzig Jahren noch als katholisches Bistum in Einheit mit dem Papst angesehen werden kann oder ob es sich in die Reihe der schismatischen Bistümer bei der kommenden – kaum noch aufzuhaltenden – Spaltung einreihen wird, wird nicht zuletzt vom künftigen Erzbischof abhängen.

Darum ist jetzt das allerwichtigste, was es in Paderborn für gläubige Katholiken zu tun gibt, um einen guten Erzbischof zu beten.