Mastodon Skelett, ausgestellt im North Dakota Heritage Center & State Museum (Bismarck, ND, USA)
Quelle: wikimedia.og
Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0. International
Foto: State Historical Society of North Dakota

Ein Mastodon ist ein ausgestorbenes Rüsseltier. In der Steinzeit war es Nahrungslieferant für ganze Sippen. Wer ein Mammut erlegt hatte, kam gut über den Winter. Heute steht das, was von den Tieren noch übrig ist, in Museen. Imposant waren sie allemal.

Zeit für eine Wiederkehr dachte sich Eugen Rochko, ein 24 jähriger Entwickler aus Jena. Unter dem Namen Mastodon veröffentlichte er die Software für ein Soziales Netzwerk. Es ist eine Art Twitter XXL, denn es verkraftet 500 Zeichen pro Trööt, wie der Tweet im Mastodon heißt.

Mastodon ist dezentral. Das ist anders. Es handelt sich um eine Open Source Software, so daß sie von einer Community weiter entwickelt werden kann. Mit Open Source hat das Netz in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Dieses Blog arbeitet mit einer solchen Software. Auch WordPress ist Open Source.

Kaum beginnt es sich auszubreiten, kommen auch die Kritiker aus den Löchern, die das Mastodon schon für tot erklären, bevor es noch so recht von der Muttermilch entwöhnt ist.  Das kann so passieren, denn in der Tat ist ein Social Media Tool heute dann und nur dann massenfähig, wenn es auf Anhieb heuristisch bedienbar ist. Je weniger der User nachdenken muß, umso schneller nimmt es Fahrt auf. Die Dezentralität mit den verschiedenen Domänen, eine nicht auf den ersten Blick verstehbare Oberfläche und letztendlich die bislang eher mäßig funktionierenden Apps für Smartphones, lassen das Mastodon in der Tat etwas steinzeitlich aussehen.

Die Kritik, ein solches Projekt sei nichts als die feuchten antikapitalistischen Träume eines Netzaktivisten, die in obigem Artikel erhoben wird,  ist jedoch zu sehr einer radikalpositivistischen Sicht auf die Kommerzialität des Web geschuldet. Bislang sind leider alle sozialen Netze, die erfolgreich waren zu Monopolen oder zumindest zu Oligopolen geworden. Zwar kann man von hier nach dort einbinden, verlinken oder teilen. Doch unterm Strich kämpfen sie alle nur um Marktanteile und damit um Werbemillionen. Werden Unternehmen zu groß, versuchen sie selber ein Staat zu werden oder kungeln mit Staaten aller Art. Man will ja optimale wirtschaftliche Bedingungen. Aspekte wie Freiheitsrechte ordnen sich dann schnell dem Primat des Umsatzes unter. Wir erleben dies gerade in Deutschland, wo ein Justizminister mit einer Ex-Stasi IM und dem sozialen Netz Facebook an Zensurmaßnahmen arbeitet. Monopole sind eben nie eine gute Idee.

Der Autor dieses Blogs auf Mastodon

Ob das Mastodon nun die Lösung schlechthin ist, sei noch mal dahin gestellt. Bislang zeigt sich das Netzwerk wirklich ein wenig so, als wäre es ein Wiedergänger des steinzeitlichen Rüsseltieres. Doch ein wenig erinnert es an die Anfänge von WordPress, als kommerzielle Bloggerportale schon längst dieses oder jenes Feature boten, mußten wir Wortpresser mühsam jedes Update manuell per ftp hochladen und aktivieren. Das war natürlich interessant, weil man an den Problemen viel lernen konnte. Doch es hat Zeit gekostet; Zeit, die viele eben nicht hatten oder haben wollten. Heute ist WordPress die führende Bloggersoftware. Sie ist immer noch nicht kommerziell, jedenfalls nicht in ihrem Kern.

Open Source ist im modernen Web das, was die katholische Soziallehre unter Gemeinwirtschaft versteht. Viele wirken zusammen an einem Projekt mit. Viele geben wenig in einen Topf und so kann dennoch großes entstehen. Ganz gleich, ob Geld oder Zeit, bei Open Source ist es eben Programmierleistung oder die Bereitschaft Beta- Versionen zu testen oder … oder … oder …

Der Weg ist der Richtige. Die sozialen Netze müssen sich von den Monopolbestrebungen einzelner Unternehmen befreien. Geld verdienen ist nicht böse, denn jeder von uns muß leben. Auch viel Geld verdienen ist nicht böse. Wer viel hat, kann und soll auch viel leisten. Was aber jenseits aller neidfreien Kritik immer wieder festzustellen ist, der Mensch ist egoistisch und zu viel Macht, d.h. auch zu viel Geld, in einer Hand sind am Ende nie gut. Der Weg führt ins Monopol und darüber hinaus in ungute Kooperationen mit politisch Mächtigen.  Am Ende steht im Netz immer die Zensur und der Mißbrauch von Daten.

Insbesondere der Aspekt von Zensur liegt im System. Ein Netz, das weiter Verbreitung findet, ist nicht etwa Gegenöffentlichkeit, wie es oft genug behauptet wird. Es ist die Öffentlichkeit. Manipuliert der Staat oder ein dazu beauftragtes Unternehmen ein Netzwerk, so ist das Manipulation der Öffentlichkeit. George Orwell läßt grüßen. Verhindern wir Monopole (bitte ohne feuchte Antikapitalistenträume zu haben), dann leisten wir der Freiheit einen Dienst.

Mastodon geht also in die richtige Richtung. Wenn sich rund um Mastodon eine starke Community ausbildet, dann kann es ein Erfolg werden.

Der Autor dieses Blogs tröötet unter: https://mastodon.tetaneutral.net/@Cicero